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       # taz.de -- Die Wahrheit: Eiserner Kotzbrocken 2.0
       
       > Die ins Chefamt gekommene britische Politikerin Liz Truss erinnert ob
       > ihrer Verschlagenheit an die Dschungelbuch-Schlange Kaa: „Trusssst me!“
       
       Das Vereinigte Königreich hat eine neue Premierministerin. Die bisherige
       Außenministerin Liz Truss hat den inkompetenten Ex-Finanzminister Rishi
       Sunak im internen Parteifinale besiegt. Ihm trauen nicht mal die Tories
       über den Weg. Truss ist allerdings keinen Deut kompetenter als Sunak, aber
       sie ist gerissener.
       
       Die Journalistin Kathy Sheridan von der Irish Times sagte kürzlich, Truss’
       Politik beschränke sich darauf, den Finger in die Luft zu strecken, um
       herauszufinden, woher der Wind weht, und das dann auf Instagram zu posten.
       
       Opportunismus ist das Markenzeichen von Liz Truss. Früher gehörte sie den
       Liberal Democrats an und schrie bei Anti-Thatcher-Demonstrationen „Maggie,
       Maggie, Maggie – Out, Out, Out!“. Weil die Liberalen aber nichts zu bieten
       haben, wechselte sie zu den Tories. Dort stellte man ihr den Abgeordneten
       Mark Field als Mentor zur Seite. Sie begann eine Affäre mit ihm, was seine
       Ehe, nicht aber ihre Karriere beendete.
       
       Später kroch sie dem damaligen konservativen Parteichef David Cameron
       gefühlt in den Hintern und wurde dafür mit einem Unterhaussitz belohnt.
       Seitdem arbeitet sie an ihrem Image als eine Art Thatcher-Nachgeburt. Sie
       kleidet sich wie ihr ehemaliges Hassobjekt, und wie der Eiserne Kotzbrocken
       ließ sie sich am Steuer eines Panzers und auf dem Roten Platz in Moskau mit
       Pelzmütze fotografieren.
       
       ## Im Bunker bei Boris Johnson
       
       Bis zuletzt harrte Truss bei Boris Johnson im Bunker aus, hatte da aber
       schon das Messer gewetzt. Einen Monat vor dessen Rücktrittsankündigung
       hatte sie sich die Webseite „Liz for Leader“ gesichert. Das erinnert an die
       Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch: „Trusssst me!“ Bei der Brexit-Kampagne
       trat sie – gemeinsam mit Labour- und Grünenpolitikern – vehement für den
       Verbleib in der EU ein. Nach dem Referendum vollzog sie wieder mal eine
       Kehrtwende und rhabarbert seither laut über die Vorzüge des Brexit.
       
       Aber was hat der EU-Austritt eigentlich gebracht? In den Urlaubsorten der
       Welt hatte man ja gehofft, von besoffenen und sonnenverbrannten britischen
       Horden verschont zu bleiben. Schließlich hatten sie Europa eine Absage
       erteilt. Aber kaum sind die Covid-Restriktionen aufgehoben, da fallen sie
       wieder über die Sonnenparadiese her.
       
       Ein genervter Spanier sagte dem Nachrichtenportal Waterford Whispers: „Sie
       sind überall. Sie sitzen mittags in der Sonne und beschweren sich, dass die
       Einheimischen kein Englisch sprechen.“ Sie seien stockbesoffen, und abends
       zertrümmerten sie die Innenstädte.
       
       Und die erwachsenen Engländer benähmen sich auch nicht besser: „Sie
       jammern, dass ihre Reise wegen der langen Schlangen bei der Passkontrolle
       für Nicht-EU-Bürger beschwerlich ist, und dann brüllen sie die
       Einheimischen an, weil es kein pisswarmes Bier vom Hahn gibt.“ Truss ist
       die perfekte Premierministerin für diese Leute.
       
       5 Sep 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
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