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       # taz.de -- Mordprozess zu Idar-Oberstein: Anklage fordert lebenslang
       
       > Er sollte Maske tragen und erschoss einen Tankstellenmitarbeiter. Die
       > Staatsanwaltschaft sieht eine besondere Schwere der Schuld.
       
   IMG Bild: Die Anklage fordert lebenslänglich: Oberstaatsanwaltin Frohn und Verteidiger Küster im Gerichtssaal
       
       Bad Kreuznach taz | Der Todesschütze von Idar Oberstein soll zu einer
       lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Das fordert die
       Staatsanwaltschaft [1][im Prozess vor dem Landgericht Bad Kreuznach]. Im
       September vergangenen Jahres hat der 50-jährige Angeklagte nach einem
       Streit über die Maskenpflicht einen Tankstellenmitarbeiter erschossen.
       
       „Die Tötung von Alexander W. war Mord!“, sagte Staatsanwältin Nicole Frohn
       in ihrem Plädoyer am Montag. Der Angeklagte habe sein Opfer heimtückisch
       und aus niedrigen Beweggründen erschossen. Sie sprach von einem krassen
       Missverhältnis zwischen Anlass und Tat. „Das Opfer war austauschbar“, sagte
       Frohn, der Mensch Alexander W. habe bei der Entscheidung keine Rolle
       gespielt.
       
       Vorangegangen war der Tat nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die
       Radikalisierung des Angeklagten. Er habe sein Opfer in den Kopf geschossen,
       um ein Zeichen gegen die Coronaschutzmaßnahmen zu setzen, von denen er sich
       belastet gefühlt habe. Der Angeklagte habe den Suizid seines Vaters
       verkraften müssen, er habe sicher auch wirtschaftlich unter den
       Auswirkungen der Pandemie gelitten und die Maskenpflicht abgelehnt. Aber:
       „Wer hat nicht unter Belastungen gelitten?“, fragte die Staatsanwältin
       Frohn.
       
       ## Nach der Tat das Opfer verhöhnt
       
       Als Beispiel trug sie Sprachnachrichten aus der Zeit vor der Tat vor, in
       denen der Angeklagte bereits Gewaltfantasien gegen PolitikerInnen auslebte,
       die er für die Maßnahmen verantwortlich machte. „Die Deutschen haben für
       solche Fälle die Gaskammer erfunden, schade, dass sie aus der Mode gekommen
       sind.“ Die Versuche der Verteidigung, den Angeklagten als schuldunfähig
       darzustellen, wies Frohn zurück. Er sei voll verantwortlich, trotz der
       erhebliche Alkoholmengen, die er vor der Tat zu sich genommen hatte. „Das
       ist nicht im Delirium passiert“, habe er selbst in seiner polizeilichen
       Vernehmung zu Protokoll gegeben.
       
       Die Staatsanwältin beantragte auch die Feststellung der besonderen Schwere
       der Schuld. Noch nach dem tödlichen Schuss habe er sein Opfer verhöhnt,
       etwa wenn er die Bezeichnung „Tankstellenboy“ benutzt habe. Mit seiner Tat
       habe er sich über die Gesetze und alles Expertenwissen erhoben. Zum
       Abschluss ihres Plädoyers zitierte sie eine Audionachricht des Angeklagten,
       die er unmittelbar nach der Tat an seinen Schwager verschickt hatte. „Es
       ist ein Mord, den ich bitter bereuen, für den ich wahrscheinlich bis zum
       Ende meines Lebens im Knast sitze“.
       
       Folgt das Gericht ihrem Strafantrag, wird der Angeklagte anders als sonst
       üblich auch nach einer verbüßten Haftdauer von 15 Jahren nicht in Freiheit
       kommen. Er wird das Gefängnis frühestens im Rentenalter verlassen können.
       Das Plädoyer der Verteidigung wird für Freitag erwartet.
       
       5 Sep 2022
       
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