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       # taz.de -- Haushaltswoche im Bundestag: Neue Energiequellen im Bundestag
       
       > Ein angriffsfreudiger Friedrich Merz lockt den Kanzler aus der Reserve.
       > Olaf Scholz fährt in lebhafter Parlamentsdebatte einen Punktsieg ein.
       
   IMG Bild: Olaf Scholz bei der Generaldebatte im Bundestag am 7. September
       
       Nein, die Energiekrise wurde auch an diesem Mittwoch im Bundestag nicht
       gelöst. Aber der erste Tag der Haushaltswoche macht trotzdem Hoffnung. Denn
       was lange dröge klang (schon dieses Wort, Haushaltswoche, öde!), wird
       endlich wieder spannend.
       
       Zum ersten Mal seit vielen Jahren gibt es einen Oppositionsführer im
       Bundestag, der nicht von der AfD gestellt wird, der sich von den
       Rechtsextremen abgrenzt, der trotzdem Lust auf Attacke hat und die
       Regierung polemisch angreift. Gerade weil er dabei auch gern mal unsachlich
       wird und wie beim [1][Streit über die Atomkraft-Notreserve] heillos
       übertreibt („Stoppen Sie diesen Irrsinn!“), kann man Friedrich Merz nur
       dankbar sein. Denn er hat damit ein echtes Wunder ausgelöst: Sogar Olaf
       Scholz ist aufgewacht.
       
       Zum ersten Mal im Leben der Menschen, die in den Amtsjahren Angela Merkels
       geboren wurden, können die BürgerInnen wieder eine Führungskraft an der
       Regierungsspitze live erleben, die sich spürbar ärgert, die frei spricht
       und die nach der Rede des Oppositionschefs [2][rhetorisch zurückschlägt]
       („Es ist schon erledigt, bevor Sie es ausgesprochen haben“), statt
       unverfängliche Regierungserklärungen monoton abzulesen, in denen
       „alternativlos“ oft die einzige Erklärung war, und kaum jemand hörte noch
       hin.
       
       Nicht nur für Scholz ist es ein Segen, dass er von der Union viel härter
       angegangen wird als Merkel früher von SPD und Grünen. Als attackierter
       Kanzler muss der alte Phlegmatiker aus sich herausgehen und tut es auch.
       Die Angriffe scheinen wie eine neue Energiequelle für Scholz zu wirken.
       
       Im Schlagabtausch am Mittwoch reichte das für einen kleinen Punktsieg gegen
       Merz, der außer „mehr Atomkraft“ keine neuen Ideen bieten konnte und so
       tat, als hätte die Union mit dem ganzen Schlamassel durch die
       [3][Energieabhängigkeit von Russland] nichts zu tun gehabt. Das war zu
       billig und wurde schnell entzaubert. Für die Ampel also alles gut?
       Natürlich nicht.
       
       Der neue Schwung des Kanzlers bringt noch kein Gas in neue Röhren und kein
       Geld in leere Beutel, aber er ist wichtig für die politische Debattenkultur
       – gerade auch im Abwehrkampf gegen Putin und andere Despoten. Es mag
       pathetisch klingen, aber die Demokratie kann nur verteidigt werden, wenn
       der Parlamentarismus lebendig bleibt. Wenn über offene Streitfragen wie die
       weitere Nutzung der Atomkraft auch offen gestritten wird. Wenn die
       Opposition die Regierung herausfordert.
       
       Wenn die CDU die SPD antreibt. Wenn die Linke dafür sorgt, dass die
       sozialen Fragen gestellt werden. Und wenn die Regierung engagiert und
       verständlich zu erklären versucht, was sie tut. Zu dumm nur, dass einer,
       der das eigentlich besonders gut kann, gerade schwächelt. Aber vielleicht
       tankt ja auch [4][Robert Habeck] wieder Energie, wenn er sich noch ein paar
       Merz-Reden anhört.
       
       7 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesschau.de/inland/generaldebatte-bundestag-129.html
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=5B5C2PI614g
   DIR [3] /Abhaengigkeit-von-russischen-Rohstoffen/!5836557
   DIR [4] /Habecks-Versprecher-bei-Maischberger/!5876655
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lukas Wallraff
       
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