# taz.de -- Haarlem reduziert Werbung für Fleisch: Darf's auch etwas weniger sein?
> Die niederländische Stadt will Reklame für klimaschädliche Produkte aus
> der Öffentlichkeit verbannen. Es geht um Fleisch – und noch mehr.
IMG Bild: Werbung für günstiges Fleisch, in Haarlem demnächst nicht mehr erlaubt
Amsterdam taz | Weltpremiere in Haarlem: Die Hauptstadt der Provinz
Nordholland will als erste Kommune überhaupt ab 2024 Werbung für
[1][Fleischprodukte] im öffentlichen Raum verbieten. Ein entsprechender
Antrag der lokalen „GroenLinks“-Fraktion, der auch einen Reklamestopp für
Flugreisen und fossile Brennstoffe vorsieht, wurde Ende 2021 im Stadtrat
angenommen. Seit das Vorhaben in dem im August veröffentlichten
Ratsprotokoll erwähnt wurde, sind Städte und Medien weltweit darauf
aufmerksam geworden.
„Wir haben als Kommune vor einigen Jahren den Klimanotfall ausgerufen, um
wirklich gegen den Klimawandel vorzugehen. Als lokale Verwaltung nehmen wir
das sehr ernst“, sagt Ziggy Klazes, die Initiatorin des Antrags, der taz.
„Dann können wir allerdings nicht auf der anderen Seite Geld daran
verdienen, dass wir unseren öffentlichen Raum an etwas vermieten, wogegen
wir sind und was dem zuwiderläuft.“
Wie niederländische Medien berichten, hat die Kommune inzwischen mit drei
Betrieben Kontakt aufgenommen, die in Haarlem für Reklame an
Bushaltestellen und auf öffentlichen Bildschirmen zuständig sind. Deren
Verträge laufen 2024, 2025 und 2031 aus. In die Folgeverträge soll der
Beschluss des Stadtrats aufgenommen werden.
Klazes betont, es gehe ausschließlich um Fleischprodukte aus
Massentierhaltung. Prospekte mit Sonderangeboten – sogenannte
„kiloknallers“ – sind in den Niederlanden weit verbreitet, werden aber von
Tierschutzorganisationen seit Jahren kritisiert.
## Aufregung über „Bevormundung“
Obwohl Biofleisch von dem Beschluss ausgenommen ist und dieser sich
ausdrücklich auf den öffentlichen Raum beschränkt, hat das Thema in den
Niederlanden zuletzt für einiges Aufsehen gesorgt. In einem Artikel der
Tageszeitung Trouw erklärt der Groninger Verwaltungsrechtsprofessor Herman
Broring, der Beschluss sei juristisch durchaus heikel, da er als Eingriff
in die Meinungsfreiheit interpretiert werden könne. Laut Dé van de Riet,
Sprecher der Plattform der niederländischen Fleischproduzenten, ergeht sich
der Staat in „Bevormundung“.
Joey Rademaker, Stadtrat der rechten Partei „Belang van Nederland“ (BVNL),
kritisiert „Zensur“, die Fleischesser stigmatisiere und „diktatorisch“ sei.
Der BVNL-Parlamentsabgeordnete Wybren van Haga kündigte an, in Den Haag
Fragen zum Thema zu stellen.
Insgesamt hat die Initiative der Stadt Haarlem polarisierendes Potenzial
für die Niederlande. Die Diskussion wird hitzig geführt, nicht zuletzt
wegen der [2][Bauernproteste diesen Sommer], die auch gegensätzliche
Positionen bei den Themen Ökologie und Fleischkonsum zu Tage förderten.
7 Sep 2022
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## AUTOREN
DIR Tobias Müller
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