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       # taz.de -- Tag des Denkmals in Berlin: Vom Aussterben bedroht
       
       > Die Initiative Kulturerbenetz Berlin veröffentlicht anlässlich des Tags
       > des Denkmals eine rote Liste mit 70 bedrohten Orten in der Hauptstadt.
       
   IMG Bild: Das Bikini-Haus steht wegen nicht denkmalgerechtem Umbau auf der roten Liste vom Kulturerbenetz
       
       Berlin taz | Sich mal den Flughafen Tempelhof genauer zeigen lassen, bei
       Führungen, bei denen einem sogar die „Decodierung der Bodenmarkierungen des
       Flugfelds“ versprochen wird, das zum Beispiel kann man tun am „Tag des
       offenen Denkmals“ an diesem Wochenende. Oder am Boxhagener Platz in
       Friedrichshain nicht bloß mit einem Bier in der Hand herumlungern, sondern
       sich von einer Fachkraft die lange und bewegte Geschichte des Platzes
       erklären lassen.
       
       Der Boxi – wer weiß das schon? – ist schließlich einer von vielen Orte in
       Berlin, die unter Denkmalschutz stehen. Und Denkmäler unterliegen einem
       gewissen Schutz, weswegen sich aktuell auch niemand in Friedrichshain
       Sorgen macht, dass der Boxi demnächst mit Einfamilienhäusern bebaut werden
       könnte.
       
       Die Initiative Kulturerbenetz Berlin will anlässlich des [1][Tags des
       offenen Denkmals] verstärkt darauf aufmerksam machen, dass einerseits auch
       der Denkmalschutz keine Vollkaskoversicherung gegen unbotmäßige Veränderung
       oder gar Zerstörung von Orten ist. Und andererseits fehlender Denkmalschutz
       für so manches Bauwerk erst recht bedrohliche Auswirkungen haben könnte.
       
       Das Kulturerbenetz Berlin, zu dem sich mehrere Bürgerinitiativen, Vereine,
       Organisationen und Privatpersonen zusammengeschlossen haben, geht deshalb
       mit der Veröffentlichung einer „roten Liste“, einer Kartenübersicht
       bedrohter Objekte in der Hauptstadt an den Start. 70 dieser als bedroht
       angesehenen Orte werden bislang auf der [2][Homepage der Initiative]
       gelistet, weitere sollen folgen.
       
       ## Mannigfaltige Bedrohungen
       
       Bei einer Präsentation dieser roten Liste am Mittwochabend in Mitte konnte
       man einen groben Eindruck davon bekommen, wie viele Objekte in Berlin auf
       mannigfaltige Weise bedroht sind. Da wäre etwa das Oberstufenzentrum
       Wedding, ein ehemaliges Gymnasium, das seit zehn Jahren leer steht, weil es
       seinerzeit hieß, man brauche gar nicht so viele Schulen in Berlin. Das
       Gebäude einfach abzureißen und den Ort neu zu bebauen traute sich bislang
       allerdings niemand.
       
       Seit 2019 ist das auch gar nicht mehr so einfach möglich, denn seitdem
       steht der Komplex unter Denkmalschutz. Wie es hier nun weitergeht, weiß
       aber auch niemand. Derweil, das belegten ein paar Aufnahmen, die bei der
       Veranstaltung gezeigt wurden, verkommt die Bausubstanz immer mehr.
       
       Oder der ehemalige Flughafen Johannisthal in Treptow-Köpenick: Der sei
       eigentlich von „herausragender Bedeutung“ hinsichtlich der Geschichte der
       deutschen Luftfahrt, bekommt man erklärt. Selbst die Gebrüder Wright bauten
       hier vor dem Ersten Weltkrieg Flugapparate. Trotz Denkmalschutz werde
       aktuell ein Bebauungsplan für das Gelände erarbeitet, der den weitgehenden
       Abriss auch eigentlich denkmalgeschützter Gebäude vorsieht. Stattdessen
       sollen dort Wohnungen gebaut werden.
       
       ## Einteilung in „ungewiss“, „bedroht“ oder „zerstört“
       
       Die in die rote Liste aufgenommenen Objekte werden von Kulturerbenetz
       Berlin in verschiedene Kategorien eingeteilt. Der Flughafen Johannisthal
       etwa gilt demnach als „bedroht“. Das OSZ in Wedding wird dagegen unter
       „ungewiss“ einsortiert. Besonders dramatisch mutet die Kategorie „zerstört“
       an, unter der erstaunlicherweise das so viel gelobte Bikini-Haus in
       Charlottenburg-Wilmersdorf auftaucht. Dem wird attestiert, als Denkmal
       „durch den nicht denkmalgerechten Umbau und die Totalsanierung in fast
       allen Denkmaleigenschaften zerstört worden“ zu sein.
       
       Einen Eintrag unter dem Stichwort „Gelöst“ bekommt einzig und alleine das
       sogenannte Eierhäuschen im Plänterwald, ein schon im 19. Jahrhundert
       errichtetes Ausflugslokal, das nach langem Leerstand und nun erfolgter
       denkmalgerechter Sanierung noch in diesem Jahr wieder eröffnet werden soll.
       Die Objekte mit dem Status „gelöst“ bekommen in der Online-Aufbereitung der
       roten Liste den Farbcode Grün. Das Ziel sei es, so die Initiative am Ende
       der Präsentation, mittelfristig aus einer roten Liste eine grüne zu machen.
       
       Tag des offenen Denkmals – 10. und 11. September
       
       9 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tag-des-offenen-denkmals.de/
   DIR [2] http://www.kulturerbenetz.berlin
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hartmann
       
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