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       # taz.de -- „Schuh des Manitu“ und Homophobie: Der Trotz des „Bully“ Herbig
       
       > „Winnetouch“ war ein Highlight tuntiger Repräsentation – und gleichzeitig
       > ein billiger Lacher. Bully Herbig wittert nun die Comedy-Polizei.
       
   IMG Bild: Bully Herbig in Schuh des Manitou
       
       Deutsche Komiker sind vor allem in einem gut: bierernst sein. Michael
       „Bully“ Herbig wurde bei der ARD-Talkshow „3 nach 9“ gefragt, ob er seine
       Hit-Komödie „Der Schuh des Manitu“ heute noch mal so drehen würde. Herbig
       war eigentlich zu Gast wegen seines neuen Films über den Relotius-Skandal.
       Nun ist aber „Der Schuh des Manitu“ eine Parodie der „Winnetou“-Filme, und
       über Karl May ist, nun ja, zuletzt [1][verstärkt debattiert worden]. Da
       durfte diese kritische Frage natürlich nicht fehlen.
       
       Der „Schuh“ ist ein farbenfroher, blechflacher Wildwest-Klamauk von 2001,
       in dem Winnetou bairisch redet, einen tuntigen Bruder hat und in dem „die
       Schoschonen“ statt des Kriegsbeils einen Klappstuhl ausgraben. Deutsche
       Comedy passt unter der Tür durch, niemand hat je etwas anderes behauptet.
       
       Jedenfalls, Herbig antwortete: Nein, den Film würde er so heute nicht noch
       mal drehen. Auf die Nachfrage, warum nicht, sprach Herbig von einer
       „Comedy-Polizei“, und dass man Leuten schnell „auf die Füße“ trete. Er
       beklagte zudem einen Verlust seiner künstlerischen Freiheit. An dieser
       Stelle hörten bei „3 nach 9“ die kritischen Nachfragen auf und das Genicke
       fing an. Einzig Doris Dörrie widersprach. Der Kulturwandel mache Comedy
       komplizierter, aber keineswegs unfrei.
       
       Comedy altert selten gut. Drum ist es nichts Neues, dass Comedians eigene
       Werke kritisieren. Matt Lucas hat sich zum Beispiel mal von seiner Hitshow
       „Little Britain“ distanziert, konkret vom Blackface und den
       Transvestiten-Figuren. Seine [2][Sichtweise habe sich „weiterentwickelt“],
       so Lucas. Zum Vergleich: Lucas begreift gesellschaftliche Veränderung als
       etwas, mit der Komiker*in und Werk umzugehen haben. Herbig dagegen
       verschiebt das Problem zu den anderen, die es wagen, seinen Film nicht mehr
       bedingungslos zu lieben.
       
       ## Mut, Karl May zu zerpflücken
       
       „Der Schuh des Manitu“ hatte den Mut, die Karl-May-Reihe zu zerrupfen. Wir
       wissen, [3][wie weh das den Deutschen tut]. Herbig zermalmte alles, was an
       „Winnetou“ eine weiße, gutbürgerliche Projektion ist. Aus dem edlen Wilden
       und dem weißen Aussteiger, in die sich abenteuerlustige Langweiler
       wahlweise hineinträumten, machte Herbig zwei Idioten in der Midlifecrisis.
       
       Die hehre Männlichkeit unterlief er mit der tuntigen „Winnetouch“-Figur auf
       der „Puder Rosa Ranch“. Dafür warf ihm „Winnetou“-Darsteller Pierre Brice
       höchstpersönlich mangelnden Respekt vor. Brice, der nicht verstand, wie
       wenig respektvoll sein eigenes Oeuvre war.
       
       Für mich ist „Winnetouch“ ein Highlight tuntiger Repräsentation der 2000er.
       Es ist aber natürlich auch wahr, dass queere und indigene Figuren beim
       „Schuh“ nichts weiter sind als Mittel zum Zweck: einfache Lacher. Heute
       verbitten sich Minderheiten so etwas. Und darüber hätte man reden können.
       Stattdessen steckte Bully am Ende fest zwischen pflichtschuldiger
       Distanzierung und trotziger Verteidigung. Gelernt hat daraus niemand was.
       Humorlos war es dafür allemal.
       
       10 Sep 2022
       
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