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       # taz.de -- Razzia gegen rechtsextreme Soldaten: Geheimaktion wird öffentlich
       
       > Im März ging der Militärische Abschirmdienst gegen mutmaßlich
       > rechtsextreme Soldaten vor. Sie sollen Kontakt zum „Nordbund“ aus
       > Niedersachsen haben.
       
   IMG Bild: Hier lässt man sich nicht gern in die Karten schauen: die Zentrale des MAD in Köln
       
       Hamburg taz | Im vergangenen März schritt der Militärische Abschirmdienst
       (MAD) in Niedersachsen gegen Bundeswehrangehörige ein. Diese standen im
       Verdacht, Mitglied beim [1][rechtsextremen Netzwerk] „Nordbund“ um den
       Hildesheimer Johannes K. zu sein. Nun hat diese geheimdienstliche
       [2][Aktion des MAD] ein öffentliches Nachspiel.
       
       Ein bei der Razzia eingesetzter Feldjäger hatte hinterher den Verdacht auf
       ein Dienstvergehen angezeigt. Der Militärpolizist beklagt, dass er zu einem
       „scharfen Einsatz im Inland“ angefordert wurde. Er bezweifelt die
       Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes.
       
       Im März ging der MAD gegen vermutlich zehn Bundeswehrangehörige in mehreren
       Bundeswehrkasernen vor. Vor allem in Hannover war der MAD an jenem Morgen
       im Einsatz, eine weitere Razzia fand im Landkreis Rotenburg statt. Mit
       Waffen und Sturmhauben ausgestattet unterstützte die Militärpolizei die
       Durchsuchungen – offenbar schätzte der MAD die verdächtigen Soldaten als
       gefährlich ein.
       
       Im Visier hatte der MAD Soldaten, von denen manche auch als
       Personenschützer tätig waren und BundesministerInnen, Staatssekretäre und
       Generäle im Alltag und bei Auftritten begleiteten. In den Monaten vor der
       Razzia soll einer der verdächtigen Personenschützer beim Nordbund aktiv
       gewesen sein.
       
       ## Einsatz ohne schriftlichen Befehl
       
       Den MAD ließ er freiwillig sein Handy auswerten. Sie fanden darin Chats,
       die den Kreis der Verdächtigen erweiterte. Rassistische Motive und
       Hitler-Bilder sollen sich die Personenschützer gesendet haben. Deshalb gebe
       es nun in diesem Arbeitsbereich der Bundeswehr ein Personalproblem,
       [3][berichtete das Onlinemedium t-online.de.]
       
       In einer Niederschrift der Vernehmung, die der Deutschen Presse-Agentur
       (dpa) und t-online.de vorliegen, berichtet der Feldjäger, dass er und
       weitere Militärpolizisten vom Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen
       zunächst informiert worden seien, dass sich der anstehende Einsatz gegen
       den Nordbund richtet und die Beschuldigten Verbindungen ins kriminelle
       Rockermilieu haben. Deshalb forderte das LKA von den Feldjägern ein
       „robustes und einschüchterndes Auftreten“.
       
       Ein schriftlicher Befehl soll dem Feldjäger allerdings nicht vorgelegt
       worden sein. Ihm sei gesagt worden, dass dieser nachgereicht würde,
       berichtet die dpa. Hinzu erschien ihm das Mitführen von scharfen Waffen als
       ungewöhnlich. Und da er unter den Beschuldigten auch noch einen Angehörigen
       seiner Kompanie ausmachte, begannen seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
       Einsatzes.
       
       Ein MAD-Mitarbeiter soll ihm dann erklärt haben, dass diese Zielperson
       „kein Dreck am Stecken“ habe, man wolle sie aber „gezielt unter Druck
       setzen und vor den Bug schießen“, um über sie an Informationen über andere
       Verdächtige zu gelangen.
       
       Letztlich sicherte der Feldjäger auf dem Fliegerhorst Wunstorf die
       Vernehmung eines zivil angestellten Oberbrandmeisters der Flugfeldfeuerwehr
       ab. Was aus seiner Anzeige folgt, ist bislang noch unklar.
       
       ## Kontakte zum NSU
       
       Der Anstoß zu den Ermittlungen des MAD könnte wiederum von einer
       antifaschistischen Initiative erfolgt sein. In einer 18-seitigen Broschüre
       berichtete sie kürzlich über Nordbund-Aktivisten: Seit Jahren bewegt sich
       Johannes K. zwischen [4][Rechtsextremismus- und Militär-Milieu.] In
       Hildesheim betreibt K. ein Tattoo-Studio. Der frühere Panzergrenadier
       wirkte bei dem im Jahr 2000 verbotenen Netzwerk „Blood and Honour“ mit.
       2008 wurde er wegen Weiterführung der Organisation zu einer Geldstrafe
       verurteilt.
       
       Nahe dem Truppenübungsplatz Munster im Landkreis Heidekreis betrieb der
       Tätowierer zusammen mit einem anderen Blood-and-Honour-Kameraden eine
       „Close Combat School“. Zum Programm gehörten unter anderem Ausbildungen im
       Gelände, Schießen und Messerkämpfe, aber auch Überfälle auf Fahrzeuge und
       Widerstand gegen Verhörtechniken.
       
       Auch hatte K. Kontakte zum Terror-Netzwerk des Nationalsozialistischen
       Untergrunds (NSU): 1999 besuchte er ein Solidaritäts-Konzert des
       thüringischen Liedermacherduos „Eichenlaub“, das wiederum dem auf der
       Flucht befindlichen NSU-Kerntrio ein Lied widmete. 2011 besuchte André E.
       den Tattoo-Laden und wurde freundlich begrüßt. Er half dem NSU-Mitglied
       Beate Zschäpe wenige Wochen später, nach der Selbstenttarnung des NSU, bei
       der Flucht. E. und K. waren auch bei der rechten „Artgemeinschaft –
       Germanische Glaubensgemeinschaft“ aktiv.
       
       13 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sturmvogel-Ferienlager-in-Huetzel/!5868176
   DIR [2] /taz-Recherche-zu-Burschenschaft/!5880664
   DIR [3] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100050542/bundeswehr-personenschuetzer-unter-extremismusverdacht.html
   DIR [4] /Germaniten-in-Norddeutschland/!5873391
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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