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       # taz.de -- Maßnahmen gegen Energiekrise: Den Krisengewinnern an den Kragen
       
       > Mit einer Krisenabgabe will die EU-Kommission Profite von
       > Energiekonzernen kassieren und so Haushalte entlasten. Die Pläne sind
       > jedoch noch vage.
       
   IMG Bild: Den Strommarkt neu denken
       
       Berlin taz | Mit einer Gewinnobergrenze und einer Krisenabgabe will die
       EU-Kommission Energiekonzerne zur Kasse bitten und mit dem Geld Haushalte
       und Unternehmen entlasten. Die Gewinnabschöpfung soll den 27
       Mitgliedstaaten zusammen 140 Milliarden Euro einbringen, sagte
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) in ihrer Rede zur Lage
       der EU im Straßburger Parlament.
       
       Russland manipuliere den Gasmarkt weiterhin, sagte sie. „[1][Es fackelt Gas
       lieber ab], anstatt es zu liefern. Dieser Markt funktioniert nicht mehr.“
       Im Vergleich zu vor der Pandemie seien die Gaspreise um das Zehnfache
       gestiegen. Millionen von Haushalten und Unternehmen hätten Angst, nicht
       mehr über die Runden zu kommen. Zwar hätten die Mitgliedsstaaten bereits
       Milliarden Euro dafür mobilisiert, aber das reiche nicht. „Deshalb schlagen
       wir eine Obergrenze für die Einnahmen von Unternehmen vor, die Strom zu
       niedrigen Kosten erzeugen“, sagte sie.
       
       Hintergrund sind die sehr hohen Gewinne, die zurzeit etwa im Feld der
       erneuerbaren Energien aufgrund des in der EU geltenden Merit-Order-Prinzips
       entstehen: Der Strompreis hängt von dem am teuersten produzierenden
       Kraftwerk ab. Diesen Preis erhalten alle Erzeuger, auch wenn sie sehr
       niedrige Kosten haben. Weil Gaskraftwerksbetreiber ihr Brennmaterial zu
       extrem hohen Preisen einkaufen müssen, bekommen deshalb zurzeit auch etwa
       Erzeuger von Sonnen- oder Windenergie extrem hohe Vergütungen, obwohl ihre
       Kosten niedrig geblieben sind.
       
       Die Mitgliedstaaten sollen die aus der Gewinnobergrenze fließenden 140
       Milliarden Euro an Haushalte und Unternehmen weitergeben. Die
       EU-Energieminister:innen haben sich darauf bereits in der vergangenen Woche
       verständigt. Sie hatten die Kommission aufgefordert, dazu einen Vorschlag
       zu unterbreiten. Die Kommission wird eine Verordnung auf den Weg bringen,
       die für die Mitgliedstaaten bindend ist. Zu den vorgeschlagenen,
       kurzfristigen Maßnahmen gehört unter anderem die [2][Reduzierung des
       Verbrauchs]: Die Kommission schlägt den Mitgliedern vor, den Stromverbrauch
       bis zum März um 10 Prozent zu senken.
       
       Umfassende Strommarkt-Reform 
       
       Auch Öl-, Gas- und Kohleunternehmen sollen sich an der Finanzierung der
       Krise beteiligen. „Sie müssen eine Krisenabgabe leisten“, sagte von der
       Leyen. Die Abgabe soll nach Angaben der Kommission von den Mitgliedstaaten
       auf Gewinne im Jahr 2022 erhoben werden, die 20 Prozent über dem Überschuss
       der vergangenen drei Jahre liegen.
       
       Außerdem will von der Leyen mittelfristig den [3][Strommarkt] „einer tiefen
       und umfassenden Reform unterziehen“. Der Strompreis soll vom Gaspreis
       entkoppelt werden. Das Merit-Order-Prinzip werde den Interessen der
       Verbraucher:innen nicht mehr gerecht, sagte von der Leyen.
       
       Die Vorhaben auf EU-Ebene entsprächen den Plänen der Bundesregierung, sagte
       eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Bundesregierung hat
       sich außerdem für eine Strompreisbremse auf europäischer Ebene
       ausgesprochen – von der die Kommissionspräsidentin nicht gesprochen hat.
       Der Plan der deutschen Regierung: Stromvertriebe werden verpflichtet,
       Verbraucher:innen einen bestimmten Grundbedarf – den Basisverbrauch –
       zu einem vergünstigten Preis zur Verfügung zu stellen.
       
       Für den Verbrauch oberhalb dieses Kontingents wird der hohe Marktpreis
       fällig. Der Basisverbrauch wird vom Staat subventioniert. Zurzeit gibt es
       Gespräche der Bundesregierung mit der EU über diese Fragen, sagte die
       Sprecherin. Wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, ist unklar. Gibt es auf
       europäischer Ebene dazu keine Einigung, will die Bundesregierung eine
       deutsche Lösung.
       
       14 Sep 2022
       
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