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       # taz.de -- Italiens Rechte gegen Kinderserie: Was Faschisten nervös macht
       
       > Vor den Wahlen in Italien sind sogar Kinderserien hochpolitisch. Dass bei
       > „Peppa Pig“ homosexuelle Elternfiguren auftreten, verkraften manche
       > nicht.
       
   IMG Bild: Peppa Pig spaziert durch eine Vorstadt
       
       Wer hätte gedacht, dass wir in Eisbär-Gestalt so gefährlich sind. Dass in
       der Kinderserie „Peppa Pig“ zum ersten Mal homosexuelle Elternfiguren
       auftreten, löste bei mir eher verhaltenen Jubel aus. Seit 18 Jahren gibt es
       die Serie, das sind 18 Jahre heteronormative Kleinfamilie. In der Folge
       „Families“, die gerade in UK ausgestrahlt wurde, hat das Eisbärmädchen
       Penny nun aber zwei „Mommies“, komplett mit Arbeitsteilung. Die eine ist
       Ärztin, die andere kocht gern Spaghetti, das Lieblingsessen ihrer Tochter,
       was sie wohl zur Eisbärin macht, die den Haushalt schmeißt. So weit, so
       klassisch.
       
       [1][Kurz vor den Wahlen in Italien, die die nationalistische Partei
       Fratelli d’Italia] mit antiqueerer Politik und rassistischen Parolen gegen
       Sinti:zze und Rom:nja zu gewinnen versucht, sind Kinderserien plötzlich
       politisch. Federico Mollicone, kulturpolitischer Sprecher der Partei,
       [2][erklärte nach der britischen Ausstrahlung gegenüber der Zeitung La
       Stampa,] diese Peppa-Pig-Folge ginge gar nicht, der öffentlich-rechtliche
       Sender Rai solle sie in Italien gefälligst nicht ausstrahlen.
       
       Ganz schön cancel-ig für eine rechte Bewegung, die jede Kritik als Verbot
       inszeniert. Das „politisch Korrekte“ gehe auf Kosten der Steuerzahler, und
       warum könnten Kinder nicht einfach Kinder sein. So spulte er ab, was die
       Partei, die unter dem Vorsitz von Giorgia Meloni jüngst [3][zum Scheitern
       des Gesetzes gegen LGBTI-Feindlichkeit und Ableismus beitrug,] unter dem
       Banner „Schutz der Kinder“ etablieren möchte: ein Italien, in dem es keine
       homosexuelle Ehe oder Elternschaft gibt und dessen vermeintliche nationale
       Integrität mit allen Mitteln vor Wissen über Gender – so der Code für
       Transrechte – gerettet werden muss.
       
       Dabei zeichnen sich die Tiere in Peppa Pig nicht gerade durch eine
       sonderlich vielfältige Animationspraxis aus. Von Hängebauchschweinen,
       Wildschweinen, Borstenschweinen keine Spur. Rosa Schweinchen sind mit rosa
       Schweinchen verheiratet, Hasen mit Hasen und Eisbären eben mit Eisbären.
       Die Papa-Tiere müssen immer ein Stückchen größer sein als die Mama-Tiere.
       
       ## „Girl power“?
       
       Auf Netflix läuft die Serie unter den Tags „kids“, „girl power“, „animals“.
       Wobei „girl power“ dem Muster „Mädchen als mädchenhafte Mädchen“ folgt.
       Tragen die Figuren weibliche Vornamen, haben sie ausnahmslos ein Kleidchen
       an. Das ist nicht nur langweilig, sondern unheimlich reduzierend. Als zwei
       Frauen erkennt man die lesbischen Eisbär-Mamas also nicht nur daran, dass
       Penny sie als ihre Mütter vorstellt. Sie tragen beide das obligatorische
       Kleid und stark betonte Wimpern.
       
       Mit den Gender-Politiken bei Peppa müsste Meloni ihrer eigenen Logik nach
       eigentlich ganz zufrieden sein. Sollten zum 20. Jubiläum der Serie in zwei
       Jahren plötzlich Schweine Hasen daten und Papa-Wölfe in Kleidern
       herumhüpfen, sind wir hoffentlich dem Albtraum einer
       Fratelli-d’Italia-Regierung entkommen. Um es mit Peppas Dad zu sagen: Na
       dann schlaft mal gut, meine kleinen Schweinchen.
       
       14 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Vor-den-Parlamentswahlen-in-Italien/!5876553
   DIR [2] https://www.lastampa.it/spettacoli/tv/2022/09/09/news/peppa_pig_famiglia_arcobalenoprima_coppia_di_mamme_lesbiche_polemicarai_indottrinamento_gender-8656062/
   DIR [3] /Vatikan-gegen-Antidiskriminierungsgesetz/!5774335
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Noemi Molitor
       
       ## TAGS
       
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