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       # taz.de -- Klimawandel und Apokalypse: Wieder mehr Alarmismus wagen
       
       > Hitzetote in unseren Breiten, Überschwemmungen in Pakistan. Die
       > Klimaveränderungen machen sich immer krasser bemerkbar. Und was tun wir?
       > Eben!
       
   IMG Bild: Die Überschwemmungen in Pakistan betreffen auch uns
       
       Ja sind wir denn des Wahnsinns? Vor der planetaren Apokalypse kommt erst
       der geistige Untergang. Die meisten von uns starren auf die derzeitigen
       Krisen wie das Kaninchen auf die Schlange – oder glauben, dass es die
       Politik schon richten wird. Veränderungen? Unbedingt, nur nicht bei mir!
       Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Dürre sei Dank hielte sich das eh in
       Grenzen.
       
       Der Rest ist systembedingt: Neben anderen Ursachen bescheren uns vor allem
       fossile Energien, naive oder behäbig getroffene politische Entscheidungen
       und ökonomische Ordnungsprinzipienreiterei die derzeitige Energie-,
       Strompreis- und die anstehende Heiz- sowie Pleitenkrise inklusive der
       sozialen Verwerfungen. Corona zeigt uns außerdem, was es tatsächlich
       bedeutet, wenn in einer globalisierten Welt in China ein Sack Reis umfällt.
       
       Es braucht nicht erst einen Spaziergang im [1][Berliner Grunewald], um
       durch die vielen toten Birken und den knochentrockenen Waldboden auch dem
       hedonistischsten Hauptstädter klarzumachen, dass der Klimawandel ganz in
       echt auch uns trifft: Eine unerträglich aufgeheizte Stadt, niedrige
       Wasserstände und die rückwärts fließende Spree sprechen für sich,
       Lieferengpässe und erste Ansätze von Mangelwirtschaft umso mehr.
       Berlin-Brandenburg wird eine Art Versteppung im Laufe der nächsten
       Jahrzehnte vorhergesagt – schlimmstenfalls mit [2][Hunderten Hitzetoten pro
       Jahr].
       
       Die gab es 2022 vor allem in Pakistan. Im Frühjahr fielen Tausende
       dehydrierte Vögel tot vom Himmel, am Boden starben Menschen bei 50 Grad
       einfach weg. Und nun der [3][Jahrhundertmonsun mit verheerenden Fluten] und
       Tausenden Opfern: Folgen des menschengemachten Klimawandels, für den vor
       allem die alten Industrienationen verantwortlich sind. In Pakistan lag die
       CO2-Emission 2020 bei etwas mehr als einer, in Deutschland bei knapp acht
       Tonnen pro Kopf. In vorangegangenen Jahrzehnten war der Unterschied noch
       gravierender. Es sind verdammt noch mal auch unsere Toten.
       
       ## It’s the economy, stupid!
       
       Und jetzt? Vielleicht müssen wir das bisherige System von den Füßen auf den
       Kopf stellen, weil es richtig herum nicht richtig ist – für uns und alle
       anderen Lebewesen unseres Planeten. It’s the economy, stupid!
       
       Revolution? Wäre in Zeiten der Putins und möglicher Trump-Comebacks
       fahrlässig und beileibe nicht mainstreamfähig. Es mag naiv anmuten, aber es
       braucht Reformen! Nur sollten sie dem eigentlichen Wortsinn entsprechen und
       keinen Verschlimmbesserungsfetisch darstellen.
       
       In diesem Zusammenhang sind die aktuellen parteipolitischen
       Auseinandersetzungen innerhalb des demokratischen Spektrums bei uns
       befremdlich, weil wertvolle Zeit verloren geht. Wäre es nicht sinnvoller,
       alle demokratischen Parteien schränkten ihre Wahlkampfzonen zeitlich
       begrenzt ein und würden öfter als bisher gemeinsam handeln? Klingt naiv,
       aber es sind halt auch keine Zeiten für vermeintlich distinguiertes
       Machtgebaren.
       
       Und hey, wie wäre eine parteiübergreifende, wahrhaftige
       Krisenreaktionsagenda weit über die nächsten Wahltermine hinaus? Mit klar
       benannten und fair verteilten Zumutungen, auf die wir uns einlassen müssen,
       um den Krisen, vor allem der des Klimas, zu begegnen? Mit nachhaltigen
       Hilfen für die, die es nötig haben, und Mehrbelastungen für jene, die es
       stemmen können?
       
       Außerdem empfehlenswert wäre ein bisschen mehr gesunder Alarmismus, so wie
       es der Tagesspiegel auf seiner Startseite praktiziert. Angelehnt an die
       täglichen Daten über Corona haben sie einen bewusstseinserweiternden
       Krisenmonitor eingerichtet. Täglich gehen Zahlen zur Pandemie, der
       Inflation, zum Ukrainekrieg und der Erderwärmung nebeneinander online. Es
       wäre an der Zeit, sich gegenseitig zu waschen, das fördert den Teamgeist!
       
       12 Sep 2022
       
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