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       # taz.de -- Wetterbilanz des Sommers 2022: Zu heiß, zu trocken, bald typisch
       
       > Nie zuvor hat der Deutsche Wetterdienst so viel Sonnenschein registriert
       > wie in diesem Sommer. Solche Extreme werden bald normal, sagen
       > Klimaforscher.
       
   IMG Bild: Das trockene Flussbett der Dreisam bei Tenningen in Baden-Württemberg
       
       Offenbach afp/dpa/taz | Hitzewellen bis in den hohen Norden, ausgetrocknete
       Flüsse und verdorrte Felder: Deutschland hat in diesem Jahr laut einer
       ersten Bilanz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach einen der
       trockensten und heißesten Sommer seit Aufzeichnungsbeginn erlebt. Demnach
       gehörte er mit einer Durchschnittstemperatur von 19,2 Grad Celsius zu den
       vier wärmsten bislang registrierten Sommern der vergangenen rund 140 Jahre.
       
       Zugleich war der diesjährige Sommer mit einem Niederschlagsmittel von rund
       145 Litern pro Quadratmeter auch der sechsttrockenste, wie der Wetterdienst
       am Dienstag unter Verweis auf eine vorläufige erste Auswertung der Daten
       seiner 2.000 Messtationen mitteilte. Bei der Sonnenscheindauer gab es mit
       820 Sonnenstunden von Juni bis August demnach sogar einen neuen Rekord.
       
       „Wir dürften damit in Zeiten des Klimawandels einen bald typischen Sommer
       erlebt haben“, erklärte DWD-Sprecher Uwe Kirsche. Er verwies dabei auf
       Entwicklungen wie extrem niedrige Wasserstände in Flüssen, Waldbrände und
       Notstände bei der Trinkwasserversorgung. „Die Extreme dieses Sommers zeigen
       sich auch in unserer Klimastatistik.“ Eine systematische
       Wetteraufzeichnung, die Vergleiche erlaubt, gibt es in Deutschland seit dem
       Jahr 1881.
       
       ## Verfestigender Trend zum Klimawandel
       
       Auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sprach von einem
       sich verfestigenden Trend durch den weltweiten Klimawandel. „Der Sommer
       2022 ist erneut ein Warnzeichen dafür, dass extremere Sommer bereits zur
       Regel geworden sind“, erklärte PIK-Meteorologe Peter Hoffmann. Zwar
       schwankten die Bedingungen jeweils von Jahr zu Jahr und Ort zu Ort. „Aber
       grundsätzlich ist auch in den kommenden Jahren leider keine Entspannung zu
       erwarten.“
       
       Mit einer Durchschnittstemperatur von 19,2 Grad waren die drei Sommermonate
       nach Erkenntnissen der Meteorologinnen und Meteorologen des DWD deutlich zu
       warm. Der Wert lag um 2,9 Grad über jenem Durchschnittswert, der gemäß der
       sogenannten Referenzperiode 1961 bis 1990 zu erwarten wäre. Diese dient
       Expertinnen und Experten weltweit als Standardbasis für Langzeitvergleiche.
       
       ## Deutlich weniger Regen
       
       Bei den Niederschlägen wurde hingegen ein deutliches Minus verzeichnet.
       Laut DWD lag deren Summe für die drei Monate Juni, Juli und August im
       bundesweiten Schnitt 40 Prozent unter dem laut Referenzperiode zu
       erwartenden Wert von 239 Litern pro Quadratmeter. In Hessen,
       Rheinland-Pfalz und im Saarland gab es sogar eine historische Sommerdürre.
       Aber auch insgesamt waren die Böden ähnlich trocken wie im Dürrejahr 2018,
       Felder und Wiesen verdorrten.
       
       Nach Angaben des Wetterdiensts gab es Ernteeinbußen etwa bei Kartoffeln,
       Mais und Zuckerrüben. Auch die Erträge des kommenden Jahres dürften durch
       die große Trockenheit, die auch den Wäldern erneut enorm zusetzte, bereits
       betroffen sein. Demnach sind die Bedingungen für die Herbstaussaat „derzeit
       ungünstig“.
       
       ## 35 Prozent mehr Sonnenschein
       
       Bei der Sonnenscheindauer registrierte der Wetterdienst in diesem Sommer
       einen neuen Spitzenwert. Mit einer Sonnenscheindauer von fast 820 Stunden
       wurde der Referenzperiodenwert um 35 Prozent überschritten und der
       bisherige Rekord aus dem Sommer 2003 mit 793 Stunden eingestellt. Der
       damalige Sommer war ebenfalls sehr heiß und sonnig. Er hält auch den
       bisherigen Spitzenwert für den wärmsten Sommer seit Aufzeichnungsbeginn mit
       einem Temperaturdurchschnitt von 19,7 Grad.
       
       Aus meteorologischer Sicht erwiesen sich alle drei Sommermonate als sehr
       warm und trocken, allerdings ragte der Juli mit wiederholten Hitzewellen
       besonders heraus. Währenddessen wurden etwa neue Rekorde im ansonsten
       tendenziell kühlen Norddeutschland gemessen. So verzeichnete Hamburg am 20.
       Juli mit 40,1 Grad erstmals einen Wert über der 40-Grad-Marke. Auch in
       Niedersachsen mit 40 Grad und Schleswig-Holstein mit 39,1 Grad wurden an
       jenem Tag Rekorde eingestellt. Diese Rekordtemperaturen erschrecken nicht
       nur Statistiker. [1][Sie führen auch zu mehreren Hundert Toten an heißen
       Tagen.]
       
       Berlin war in diesem Sommer zusammen mit dem Saarland das wärmste
       Bundesland in Deutschland. Die Hauptstadt kam im Juni, Juli und August auf
       eine Durchschnittstemperatur von 20,6 Grad, wie der Deutsche Wetterdienst
       (DWD) auf Basis vorläufiger Berechnungen am Dienstag mitteilte.
       
       ## Mehr Dürre, öfter Sturzregen
       
       Das PIK warnte insbesondere vor einer sich verschärfenden Dürrekrise bei
       einer gleichzeitig steigenden Gefahr extremer örtlicher
       Sturzregenereignisse durch die global steigenden Temperaturen. Auch in
       Deutschland sei die Trockenheit eine Folge sich verändernder Regenmuster
       bei gleichzeitig zunehmender Verdunstung. Flusspegel und Wasserspeicher
       erreichten zudem „schneller kritische Werte“, wenn mehrere Dürrejahre dicht
       aufeinander folgten, betonte PIK-Experte Hoffmann.
       
       30 Aug 2022
       
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