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       # taz.de -- Tödliche Polizeischüsse in Dortmund: „Milde Mittel nicht ausgeschöpft“
       
       > Nachdem gegen weitere Polizisten wegen der Schüsse in Dortmund ermittelt
       > wird, fordert die SPD eine Sondersitzung. Der Schütze ist suspendiert.
       
   IMG Bild: Viele Menschen fordern eine lückenlose Aufklärung
       
       BERLIN taz | Nach der [1][Ausweitung der Ermittlungen] im Fall der
       tödlichen Polizeischüsse von Dortmund hat die SPD eine Sondersitzung des
       Rechtsausschusses im Landtag beantragt. Es gebe „eine neue Lage in diesem
       ohnehin schon dramatischen Fall“, erklärte Innenexpertin Christina
       Kampmann. Diese müsse umgehend politisch aufgearbeitet werden. Auch die
       Grünen forderten eine „konsequente Aufklärung“ ein. Innenminister Herbert
       Reul (CDU) sprach ebenso von einer „[2][neuen Lage]“.
       
       Am 8. August war der 16-jährige [3][Mouhamed D. von einem Polizisten
       erschossen] worden, nachdem ein Betreuer seiner Jugendhilfeeinrichtung die
       Polizei wegen Suizidgefahr gerufen hatte. Der senegalesische Geflüchtete
       hatte sich im Innenhof seiner Wohngruppe ein Messer an den Bauch gehalten.
       Nachdem er auf Ansprachen nicht reagierte, wurde D. mit Pfefferspray und
       zweimal mit einem Taser beschossen. Als er sich darauf auf die
       Polizist:innen zubewegte, feuerte ein Beamter mit einer
       Maschinenpistole auf ihn, vier Projektile trafen. Mouhamed D. verstarb im
       Krankenhaus.
       
       Durch einen neuen Ermittlungsbericht, den das Innenministerium dem Landtag
       übermittelte, wurde publik, dass gegen den Polizeischützen nun auch der
       Vorwurf des Totschlags geprüft wird. Bisher wird gegen ihn wegen
       Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Zudem wird inzwischen gegen drei
       weitere Beamte, die das Pfefferspray und den Taser einsetzten, wegen
       gefährlicher Körperverletzung im Amt ermittelt. Gegen den Einsatzleiter,
       der dies anordnete, läuft ein Verfahren wegen Anstiftung zu gefährlicher
       Körperverletzung im Amt.
       
       ## Erst nach dem Pfefferspray-Einsatz ging D. auf Beamte zu
       
       Carsten Dombert von der Staatsanwaltschaft Dortmund sagte am Freitag der
       taz, viel spreche dafür, dass die Polizeibeamten „nicht alle milden Mittel
       ausgeschöpft“ hätten, als sie anfangs auf Mouhamed D. zugingen. Erst nach
       dem Einsatz des Pfeffersprays habe sich der 16-Jährige auf die Beamten
       zubewegt. Ob er dies auch noch nach dem Taser-Einsatz tat, ist laut
       Ermittlungsbericht bisher ungeklärt. Demnach schloss sich [4][beim ersten
       Taser-Beschuss kein Stromkreis], beim zweiten sei es nur zu einer
       „Schmerzwirkung“ gekommen.
       
       Dombert und auch Innenminister Reul betonten, dass es weiterhin um einen
       Anfangsverdacht gehe. Ausgewertet werde etwa noch ein aufgezeichneter
       Notruf, den der Betreuer während des gesamten Einsatzes mit der Polizei
       führte und auf dem etwa Knallgeräusche zu hören seien. Die zwölf
       beteiligten Polizisten selbst hatten ihre Bodycams allesamt ausgeschaltet.
       
       Der Polizeischütze ist inzwischen vorläufig vom Dienst suspendiert. Auch
       gegen die vier anderen Beamten, gegen die ermittelt wird, wurden laut der
       Polizei Dortmund dienstrechtliche Schritte eingeleitet, sie wurden
       versetzt.
       
       2 Sep 2022
       
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