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       # taz.de -- Abschied von Queen Elizabeth II.: Die Welt zu Gast bei einer Toten
       
       > Die Trauerfeier für Queen Elizabeth II. in der Westminster Abbey war auch
       > ein internationales Gipfeltreffen – mit dem Commonwealth an erster
       > Stelle.
       
   IMG Bild: Vor dem großen Trauergottesdienst: Der Sarg der Queen wird in die Westminster Abbey getragen
       
       Berlin taz | Es war eine in jeder Hinsicht einzigartige Trauerfeier, und
       das nicht nur, weil sie schon seit Jahrzehnten vorgeplant war. [1][London
       stand still und die halbe Welt schaute zu], als Soldaten den Sarg mit der
       verstorbenen britischen Queen am Montagvormittag in die Westminster Abbey
       trugen, vorbei am Parliament Square, an dem die Flaggen all jener Staaten
       wehten, die Queen Elizabeth II. und jetzt Charles III. als Staatsoberhaupt
       anerkennen. Die Trauerfeier vereinte Könige und Präsidenten aus aller Welt,
       Würdenträger und Politiker, die gesamte zerstrittene Königsfamilie.
       
       Dies war nicht nur das Begräbnis der Queen. Es war das Begräbnis der
       Oberbefehlshaberin der britischen, kanadischen, australischen und
       neuseeländischen Streitkräfte, des Oberhaupts der weltweiten
       anglikanischen Kirche und des Oberhaupts des Commonwealth, jener längst
       dem britischen Empire entwachsene Staatenbund von über zwei Milliarden
       Menschen. Es war eine religiöse, militärische und politische Zeremonie in
       einem.
       
       Protokollfragen sind Machtfragen. Dieser Tag gehörte dem Empire, seinen
       Erben und Gleichrangigen; alles andere war zweitrangig. US-Präsident Joe
       Biden durfte zwar als Einziger im eigenen gepanzerten Wagen kommen, während
       alle anderen Staatschefs in Sammelbussen angekarrt wurden – die meisten
       ließen sich in der Luxuslimousine in die Nähe fahren, auch Frank-Walter
       Steinmeier aus Deutschland, und stiegen erst für die öffentlich sichtbare
       Strecke in die Busse um. In der Kirche aber saß Biden in Reihe 14, irgendwo
       zwischen seinen Amtskollegen aus Polen, Tschechien und Südkorea.
       
       Großbritanniens neue Premierministerin Liz Truss durfte zwar aus der Bibel
       lesen. Jedoch kam vor ihr die Generalsekretärin des Commonwealth dran, die
       wortgewaltige Baroness Scotland von der Karibikinsel Dominica. Sie
       schmetterte den 2.000 Gästen die Bibelpassagen über „Tod, wo ist dein
       Stachel?“ mit voller Wucht entgegen. Vor den Präsidenten wurden Europas
       Königsfamilien platziert, angeführt vom Fürsten von Monaco und der Herzogin
       von Luxemburg.
       
       ## Erdoğan sagt in letzter Minute ab
       
       Ob diese Trauerfeier wirklich die größte Zusammenkunft von Staats- und
       Regierungschefs in der Weltgeschichte gewesen ist, wie manche britische
       Medien behaupten, bleibt dahingestellt. Aber wann sonst sitzen der Kaiser
       von Japan, der König von Lesotho und der Außenminister der Türkei gemeinsam
       in einer Kirche? Zu welcher anderen Gelegenheit würden die Präsidenten
       Macron und Bolsonaro nicht einmal auffallen? Und weil Protokollfragen eben
       Machtfragen sind, sagte der türkische Präsident Erdoğan in letzter Minute
       ab – man hatte ihm verboten, im eigenen gepanzerten Wagen vorzufahren. Die
       Präsidenten von Russland und anderer Parias der Welt wurden gar nicht erst
       geladen. Der kontroverse saudische Kronprinz Bin Salman ließ sich
       vertreten, was Charles III. peinliche Fotos ersparte; nicht aber der kaum
       weniger kontroverse Vizepräsident der Volksrepublik China. Die Ukraine
       schickte ihre First Lady.
       
       Bis zu 250 Staats- und Regierungschefs oder deren Vertreter drängelten sich
       schon am Sonntagabend zum Empfang im Buckingham Palace und kamen dann auch
       zur Westminster Abbey. Für die neue britische Premierminister Liz Truss,
       die erst zwei Tage vor dem Tod der Queen von dieser ihr Amt bekam, war all
       das eine unverhoffte Gelegenheit zum Speed Dating. Treffen mit den
       Regierungs- oder Staatschefs von Australien, Irland, Kanada, Neuseeland,
       Polen, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten bestätigte das Büro
       der Premierministerin am Sonntag.
       
       Am Sonntagabend allerdings wurde das Treffen mit US-Präsident Biden auf
       Mittwoch vertagt, am Rande der UN-Generalversammlung in New York, die am
       Dienstag beginnt. Diese Tage gehören der Queen, nicht der
       Premierministerin. Beim irischstämmigen Biden dürfte das
       Nordirland-Protokoll des Brexit-Abkommens eine zentrale Rolle spielen:
       Truss will es abschaffen, in Washington wird das nicht goutiert.
       
       Aber gewählte Politiker sind vergänglich, [2][die Monarchie jedoch ist
       ewig] – so denkt sie jedenfalls. Mit König Charles (73), Kronprinz William
       (40) und dessen ältestem Sohn George (9) in der ersten Reihe der
       Westminster Abbey war der Weg bis ins 22. Jahrhundert vorgezeichnet. Die
       Krone und andere Insignien königlicher Macht oben auf dem Sarg sollten am
       Abend in Windsor abgenommen werden, damit sie in Verwahrung kommen bis zur
       Krönung von Charles III. Die Königsflagge hängt längst nicht mehr auf
       halbmast. Die Queen ist tot, das Leben geht weiter.
       
       19 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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