# taz.de -- Büro-Visionen am Gleisdreieck: Die Zukunft verbaut
> Sieben Bürohochhäuser sollen am Gleisdreieckpark entstehen. Es werden
> Denkmäler einer Zeit, in der Berlins Stadtentwicklung den falschen Weg
> einschlug.
IMG Bild: Visualisierung der Urbanen Mitte am Gleisdreieck
Jede Vision von Zukunft wird in der Vergangenheit entwickelt. Sie beruht
auf Fehleranalysen des jeweils aktuellen bisherigen Wissens und der
Abschätzung der weiteren Entwicklung. Das kann gutgehen – oder auch
kolossal schief, wenn die Entwicklung ganz anders oder viel schneller
verläuft als angenommen. In diesem Fall wird aus der geplanten Zukunft dann
nur ein Monument der Fehleinschätzung.
Das Kreuzberger „Stadtquartier der Zukunft“, das demnächst rings um den
U-Bahnhof Gleisdreieck auf der östlichen Parkseite errichtet werden soll,
fußt auf Vorstellungen von Stadtentwicklung aus dem Jahr 2005. Auf der
damals vom Senat gefassten Rahmenplanung mit dem Investor beruhen die Pläne
der [1][„Urbanen Mitte“], einem Riegel von sieben Hochhäusern, bis zu 90
Meter hoch, die zwar 120.000 Quadratmeter Geschossfläche bieten, aber
keinen einzigen Quadratmeter Wohnraum. Schon vor dem ersten Spatenstich ist
zu befürchten: Hier entsteht noch so ein Denkmal einer Zeit, in der Berlin
falsch abgebogen ist.
Damals, als es 100.000 leerstehende Wohnungen gab, ist die Stadt einem
Zukunftsbild unterworfen worden, das private Akteure und deren
Anlagemodelle priorisierte. Potsdamer Platz, Mercedes-Benz-Quartier,
Europa-City gehören zu den traurigsten Relikten. Dass nun ein nächstes
hinzukommen soll, ist eine Farce. Genauso wie die gnadenlos überzeichnete
[2][Selbstvermarktung des Projekts] mit Werbesätzchen wie: „Wir nennen es
local love.“
Die „locals“ aber – Anwohner:innen also – halten wenig davon, dass ihr
Park in den Schatten von Büros, einem Hotel und Gewerbe gestellt werden
soll. Mit Demonstrationen hat die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck das
Vorhaben gerade [3][mal wieder] ins Gespräch gebracht. Zwar wurde im
Koalitionsvertrag eine Prüfung des Projekts verabredet und
Politiker:innen bringen Nachverhandlungen über die Nutzung ins
Gespräch, doch sind die Pläne eben weit gediehen. Jede einseitige
Aufkündigung würde wohl hohe Schadenersatzforderungen mit sich bringen.
An den Fakten, die der Senat einst schuf, konnten auch spätere kurze
Bürgerbeteiligungen nichts ändern. Wünsche nach dem Bau von Wohnungen
wurden abgetan mit der Argumentation, dass deren Bau dort nur in
Ausnahmefällen erlaubt und die Lärmbelastung durch die U-Bahn zu groß sei.
Das „urbane Element“ Wohnen, wie es für die Investoren zumindest einmal
anteilig vorstellbar war, bleibt erst mal eine Zukunftsvision.
20 Sep 2022
## LINKS
DIR [1] /Investoren-planen-Buerogebaeude-am-Park/!5733580
DIR [2] https://urbane-mitte.de/
DIR [3] /!5628859/
## AUTOREN
DIR Erik Peter
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