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       # taz.de -- Bayerisches Atomkraftwerk Isar 2: Undichte Stelle wirft Fragen auf
       
       > Was hat es mit dem Leck in einem Ventil auf sich? Und warum müsste ein
       > Austausch vor November erfolgen, wenn das AKW länger laufen soll?
       
   IMG Bild: … und jetzt auch noch undicht: Kühlturm des AKW Isar 2
       
       Freiburg taz | Erneut gibt es Verwirrung um einen möglichen Weiterbetrieb
       von deutschen Atomkraftwerken über den Jahreswechsel hinaus. Diesmal lässt
       die Leckage eines Ventils im Reaktor Kritiker an der [1][Sicherheit von
       Isar 2] zweifeln. Der Vorfall zeige, dass das „Atomkraftwerk Isar 2 ein
       permanentes Sicherheitsrisiko darstellt“, ließ umgehend die Deutsche
       Umwelthilfe verlauten.
       
       Bereits im Januar hatte sich an ebenjenem Kraftwerk ein Regelventil im
       Speisewassersystem des sekundären Wasser-Dampf-Kreislaufs als undicht
       erwiesen, wie die Betreiberfirma PreussenElektra damals mitteilte. Zur Art
       des jüngsten Lecks äußerte sich die Eon-Tochter bisher nicht. „Um welche
       Ventile handelt es sich oder ist sogar dasselbe Bauteil betroffen? Wann
       wurde das aktuelle Leck entdeckt?“, fragt Armin Simon von der
       Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt. Eine Anfrage der taz bei
       PreussenElektra blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Ohnehin sind
       viele Beobachter gerade überrascht, wie zurückhaltend die
       Informationspolitik des Betreibers diesmal ist.
       
       So bleibt offen, um welche Art von Ventil es geht. Es könnte zum Beispiel
       auch eines mit einer kontrollierten Leckage sein. Bei solchen Komponenten
       ist nicht die Undichtigkeit an sich das Problem, sondern eher die
       austretende Menge an Gasen oder Flüssigkeiten, die irgendwann einen
       Austausch erforderlich macht. Solcher Verschleiß gilt aber als
       kalkulierbar. Deswegen ging PreussenElektra stets davon aus, Isar 2 noch
       bis Jahresende sicher betreiben zu können.
       
       Die entscheidende politische Frage ist nun diese: Muss der Reaktor in
       Bayern, der ursprünglich bis Mitte April noch als Reserve für einen
       möglichen Stromengpass bereitstehen sollte, nun doch zum Jahresende
       abgeschaltet werden? Die Situation ist kompliziert: Der Ventilschaden ließe
       sich zwar während eines einwöchigen Stillstands problemlos beheben, doch je
       länger man mit dem Austausch wartet, umso kritischer wird aufgrund der
       immer weiter verbrauchten Brennelemente ein Neustart des Reaktors. Zugleich
       wird der anschließende Anfahrprozess immer langwieriger. Ist der Reaktor
       sogar schon im Streckbetrieb – das könnte nach Einschätzung von
       Branchenkennern bei Isar 2 ab Dezember der Fall sein –, ist ein Neustart
       durch keinerlei Betriebserfahrungen mehr gedeckt. Als diese Tatsache vor
       zwei Wochen ins Blickfeld rückte, schlug dem Wirtschaftsministerium für
       seine Reservepläne viel Kritik entgegen.
       
       ## Kontroverse Einschätzungen zur Restreaktivität
       
       PreussenElektra ließ nun sogar verlauten, schon ab November sei die
       Restreaktivität der Brennelemente zu gering, um den Reaktor nach einem
       Stillstand noch mal starten zu können. Das überrascht insofern, weil der
       TÜV Süd noch im Juni zu der Erkenntnis gekommen war, der Reaktor habe noch
       überraschend hohe „Reaktivitätsreserven“, die noch für 2,2 Milliarden
       Kilowattstunden über das Jahresende hinaus ausreichten. So gesehen bestünde
       noch Potenzial für weitere 80 Tage Laufzeit – das sei mehr als bei den
       beiden anderen noch laufenden Reaktoren Neckarwestheim und Emsland, hieß
       es.
       
       Was ein Wegfall von Isar 2 [2][für das deutsche Stromnetz bedeutet], bleibt
       unklar. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet, in dessen Gebiet Isar 2
       liegt, sagte auf Anfrage, es gebe über den Stresstest von Anfang September
       hinaus aktuell keine weiteren Informationen. Klar ist jedoch: Das
       Atomkraftwerk Emsland, das als einziges der drei noch laufenden zum
       Jahreswechsel definitiv vom Netz gehen soll, könnte für Isar 2 nicht
       einspringen. Es liegt am falschen Ort – denn wenn Stromknappheit herrscht,
       dann ist das in der Regel im deutschen Süden der Fall.
       
       20 Sep 2022
       
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