URI: 
       # taz.de -- Rassismus im spanischen Fußball: Wer darf sich wie freuen?
       
       > Fans von Atlético Madrid verunglimpfen beim Derby den Real-Profi Vinícius
       > Júnior rassistisch. Auslöser ist ein Jubeltänzchen. Die Liga ermittelt.
       
   IMG Bild: Vinícius Júnior feiert gerne ausgelassen die Tore von Real Madrid
       
       Als einzige Mannschaft der fünf großen Ligen hat Real Madrid bisher alle
       Saisonspiele gewonnen, ob in Meisterschaft oder Europapokal. Der königliche
       Fußball ist pragmatisch: eine solide Defensive, veredelt von schnellen,
       spielfreudigen Stürmern wie dem Brasilianer Vinícius Júnior. Der 22-Jährige
       hat es gern beschwingt.
       
       Er ist damit zum Gegenstand von Debatten und [1][Opfer von Rassismus
       geworden]. Vor dem Derby am Sonntagabend bei Atlético Madrid (2:1) kam es
       außerhalb des Stadions zu massiven Verunglimpfungen. Videos zeigen, wie
       Hunderte Atlético-Fans sangen: „Du bist ein Affe, Vinícius, du bist ein
       Affe.“ Die Liga ermittelt, obwohl sie das normalerweise nur bei Vorfällen
       innerhalb des Stadions tut. Dort folgte während des Spiels ein
       Feuerzeugregen, als Vinícius mit Landsmann Rodrygo dessen 1:0 mit einem
       Tänzchen feierte. Einem ganz bewussten Tänzchen. Denn ein solches steht
       auch am Beginn der Polemik.
       
       Bei Reals 4:1-Sieg vorigen Samstag gegen Mallorca echauffierten sich die
       Gäste über die vermeintlich provokante Form des Jubels. Daraufhin wurde
       Atléticos Kapitän Koke unter der Woche gefragt, was bei einem ähnlichen
       Tanz im Derby passieren würde. „Dann gibt’s bestimmt Ärger, normal“,
       lautete seine Antwort. Der Boulevard hatte sein Thema für die Derbywoche.
       
       Solche Einlagen, befand dann der Präsident der spanischen
       Fußballberatervereinigung, Pedro Bravo, in der populären TV-Show „El
       Chiringuito“, gehörten ins Sambodrom von Rio de Janeiro. Auf den
       Fußballplätzen solle Vinícius aufhören, „sich zum Affen zu machen“. Auch
       wenn die Redewendung im Spanischen (ähnlich wie im Deutschen) allgemein
       gebraucht werden kann, wird sie im Zusammenhang mit einem dunkelhäutigen
       Spieler schwerlich so wahrgenommen – sondern, wie sich vor dem Stadion
       zeigen sollte, als rassistische Schmähung.
       
       ## „Ich werde nicht aufhören“
       
       Opfer von solchen sei er ständig, berichtete Vinícius als Reaktion [2][auf
       die Sendung in einem Twittervideo]. „Es heißt, dass Glück stört. Das Glück
       eines siegreichen brasilianischen Schwarzen in Europa stört noch viel
       mehr.“ Der Stürmer erinnerte an andere Spieler, die nach Toren tanzen, und
       erklärte: „Akzeptiert es, Rassisten: ich werde nicht aufhören.“ Von Neymar,
       dem Jahrhundertfußballer Pelé und weiteren Kollegen erhielt er begeisterten
       Zuspruch. #bailavini, „tanz, Vini“, wurde zum Trendhashtag. Anderswo
       regierte Konfusion. Real Madrid verschickte ein Kommuniqué mit der
       Ankündigung, seine Spieler gegebenenfalls rechtlich vor rassistischen
       Beleidigungen zu schützen. Trainer Carlo Ancelotti erklärte allerdings: „In
       Spanien sehe ich keinen Rassismus.“
       
       Derweil versuchte der brasilianische Atlético-Profi Matheus Cunha die
       Quadratur des Kreises. Einerseits legte er mit Vinícius vor Anpfiff im
       Kabinengang ein Solidaritätstänzchen hin. Andererseits, sagte er, habe er
       Vinícius erklärt, dass es „keinem Publikum gefällt, wenn in seinem Zuhause
       getanzt wird“. Vinícius ist kein Spieler, der jenseits der eigenen Fans gut
       ankommen würde. In Dribbeltalent wie aufreizendem Habitus gleicht er seinem
       Landsmann Neymar. Er kabbelt sich mit Gegnern und Schiedsrichtern, er
       trickst mit dem Ball bis hin zur Demütigung, er geht dramatisch und
       bisweilen grundlos zu Boden.
       
       Wo hört legitime Kritik auf, wo fängt Rassismus an? Warum soll er nicht
       beim Torjubel tanzen dürfen? Eindeutig sind nur die Beleidigungen der
       Atlético-Ultras [3][und seit Jahrzehnten bekannt ihre rechtsradikalen
       Strömungen] – ohne dass der Verein dagegen etwas unternimmt.
       
       Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez, bekennender Atlético-Fan, hat sich
       am Rand der UN-Vollversammlung in New York gegenüber „Politico“ zum
       aktuellen Vorfall geäußert: „Als Fan von Atlético Madrid hat mich das sehr
       traurig gemacht. Ich erwarte eine starke Botschaft der Klubs gegen solches
       Verhalten. Und das werde ich von meinem Verein verlangen.“
       
       20 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rassismus-im-spanischen-Fussball/!5758912
   DIR [2] https://twitter.com/vinijr/status/1570893793028874240?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1570893793028874240%7Ctwgr%5E9c0e32509995bb1be9dcefff40294f7290a80a50%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.faz.net%2Faktuell%2Fsport%2Ffussball%2Freal-stuermer-vinicius-wegen-freudentaenzen-rassistisch-beleidigt-18323953.html
   DIR [3] /Haessliche-Seiten-von-Atletico-Madrid/!5845294
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Real Madrid
   DIR Atlético Madrid
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Fußballspiele
   DIR Atlético Madrid
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rassismus im Fußball: Beeindruckende Solidarität
       
       Vinicius Junior bedankt sich für den großen Zuspruch. Der Stürmer von Real
       Madrid fordert weiter eine konsequente Bestrafung von Hassattacken.
       
   DIR Rassismus im Fußball: Wütender Fingerzeig
       
       Real Madrids Vinícius Júnior wird erneut rassistisch beleidigt. Bei allem
       Entsetzen ebbt auch die Kritik an dessen Verhalten auf dem Feld nicht ab.
       
   DIR Hässliche Seiten von Atlético Madrid: Vollkommene Düsternis
       
       Atlético Madrid wird vor dem Champions League Rückspiel für seine eklige
       Spielweise gegeißelt. Hitlergrüße der Fans runden das miese Image ab.
       
   DIR Rassismus im spanischen Fußball: Am Boden zerstört
       
       Valencia CF streikte, nachdem Moucta Diakhaby rassistisch beschimpft wurde.
       Spaniens Liga hat ein Problem mit Rechtspopulismus und Rassismus.
       
   DIR Rassismus im spanischen Fußball: Affen-Imitation gegen Rassisten
       
       Es ist der zweite Vorfall in der Primera División innerhalb weniger Tage.
       Fans von Atlético beleidigten einen Levante-Spieler rassistisch. Der
       reagierte mit einem Tänzchen.