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       # taz.de -- Kapitänsbinde bei der WM in Katar: Die Solidaraktion, die keine ist
       
       > Der Deutsche Fußball-Bund hat eine Kapitänsbinde kreiert, die ein Zeichen
       > für Vielfalt setzen soll. In Wahrheit ist sie ein Zugeständnis an Katar.
       
   IMG Bild: Naja: Nationalspieler Thilo Kehrer und Jonas Hofmann präsentieren die neue Kapitänsbinde des DFB
       
       Um ein Zeichen gegen Diskriminierung zu setzen, gibt es viele Wege.
       Ernstgemeinte und mutige sowie fadenscheinige.
       
       Für letztere Kategorie entschied sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB), als
       er kurzerhand eine neue Kapitänsbinde für die [1][Fußball-Weltmeisterschaft
       in Katar] kreierte. Statt der Pride-Flagge, wie sie Kapitän Manuel Neuer
       [2][bereits bei vorherigen Spielen der Nationalmannschaft als Binde
       getragen hatte], gibt es nun einen willkürlichen Farbenmix in Herzform. Ein
       Symbol, das ein Zeichen für Vielfalt setzen soll – jedoch nicht mehr ist
       als ein trauriges Eingeständnis: das Eingeständnis, dass Vielfalt für den
       DFB dort endet, wo es unbequem wird.
       
       Denn die Lebensrealität in Katar heißt: bis zu sieben Jahre Haft für
       Homosexualität, die gesetzlich verboten ist. In einem Land, in dem die
       Todesstrafe noch immer existiert; in dem queere Menschen von der Regierung
       überwacht und verhaftet werden. Katar ist für queere Menschen nicht sicher.
       Sicher hingegen ist: der DFB.
       
       Sich queeren Menschen gegenüber solidarisch zu zeigen, wäre daher so
       einfach gewesen. Man hätte auf die Kapitänsbinde mit Pride-Flagge
       zurückgreifen können, die etwa im Spiel gegen Ungarn zum Einsatz kam.
       Damals wollte die deutsche Nationalmannschaft ein Zeichen gegen die
       LGBTQIA+-feindlichen Gesetze des Landes setzen. Der DFB hat sich dafür
       feiern lassen.
       
       ## Ein Mindestmaß an Solidarität
       
       In Katar, wo die Lage noch dramatischer ist, wäre die Pride-Binde ein
       erneutes Symbol für die queere Community gewesen. Ein notwendiges. Nicht
       etwa, weil das nachhaltig etwas an der Politik in Katar geändert hätte.
       Oder all die menschenrechtsverletzenden Bedingungen der Weltmeisterschaft
       hätte wettmachen können. Sondern weil es eben jenes Mindestmaß an
       Solidarität gewesen wäre, dass man als Teilnehmermannschaft an einer
       solchen WM hätte zeigen müssen.
       
       Nichts an der neu gestalteten Binde hat etwas mit der Pride-Flagge zu tun.
       Nichts mit Solidarität. Im Gegenteil: Sie zeigt, dass man in Katar nicht
       unangenehm auffallen will. Sie offenbart Arroganz gegenüber allen queeren
       Menschen. Gegenüber jenen, [3][die nicht frei in Katar leben können]. Die
       aufgrund der lebensbedrohlichen Konsequenzen keine Regenbogenflagge
       schwenken können.
       
       Eine Flagge ist immer auch politisch. Eine Flagge bewusst nicht zu zeigen,
       obwohl man es könnte, ist ebenfalls politisch. Und sich für eine Flagge,
       die keine ist, feiern lassen zu wollen, ist absurd.
       
       22 Sep 2022
       
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