# taz.de -- Bundeskanzler Scholz in Saudi-Arabien: Irgendwas mit Menschenrechten
> Das Schlimmste ist nicht, dass man sich auf Geschäfte mit Ländern wie
> Saudi-Arabien einlässt. Sondern die Heuchelei um Werte und Menschenrecht.
IMG Bild: Kronprinz bin Salman freut sich sichtlich über den Besuch des Bundeskanzlers
Im Winter frieren oder in den sauren saudischen Apfel beißen? Die Antwort
ist klar. Die Karte energiepolitischer Sachzwänge sticht das Blatt der
Menschenrechte. Der kräftige Handschlag zwischen dem saudischen Kronprinzen
Mohammed bin Salman und Bundeskanzler Olaf Scholz bei dessen Besuch in
Dschiddah beweist das erneut.
Nach der Ermordung des saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi im saudischen
Konsulat in Istanbul vor vier Jahren galt der saudische Kronprinz als
internationaler Paria. Er soll laut einem CIA-Bericht der Drahtzieher
dieses brutalen Mordes gewesen sein. Auch die Bundesregierung forderte
damals, „dass alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden“.
Aber spätestens mit dem Ukrainekrieg, den Sanktionen gegen Russland und
der [1][verringerten Lieferung von russischem Gas] war klar: Diese Linie
hatte ein Ablaufdatum. Zunächst gab kein Geringerer als der US-Präsident
[2][Joe Biden mit einer Reise nach Saudi-Arabien im Juli dem kontroversen
Kronprinzen] den internationalen Passierschein, gefolgt vom französischen
Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Ex-Premier Boris Johnson. Da
kräht bei der jetzigen Scholz-Reise schon kaum mehr ein Hahn nach diesen
alten Menschenrechtskamellen. Scholz betonte als Feigenblatt, dass er das
Thema Khashoggi mit dem Kronprinzen angesprochen habe.
Heute ist es wieder opportun, sich mit dem Kronprinzen zu treffen und, wie
Scholz, eine riesige Wirtschaftsdelegation mit elf Topmanagern mitzunehmen.
[3][Die Knochensäge, mit der Khashoggi zerteilt wurde,] ist Vergangenheit.
Es ist verständlich und pragmatisch, dass Europa und Deutschland ihre
Energiezufuhr absichern müssen. Aber es wäre ehrlicher, offen zuzugeben,
dass Menschenrechte und Demokratie den europäischen Sonntagsreden
vorbehalten sind.
Am Ende gibt es in diesem Energiedilemma nur einen Ausweg: sich durch den
Ausbau erneuerbarer Energien von den Autokraten dieser Welt weniger
erpressbar zu machen.
25 Sep 2022
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## AUTOREN
DIR Karim El-Gawhary
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