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       # taz.de -- Wenn der Teenage Fanclub spielt
       
       > Montag im Wembley Stadion trifft beim Klassiker England gegen Deutschland
       > das alte Vorbild auf die neue Talentschmiede, nämlich die von der Insel.
       > Zum WM-Titel ist es für die Three Lions allerdings noch ein weiter Weg
       
   IMG Bild: Bukayo Saka ist auch so ein Talent. Gegen Italien hat es aber mal wieder nicht gereicht
       
       Aus Manchester Hendrik Buchheister
       
       Wenn die Engländer am Montag im Wembley-Stadion in der Nations League auf
       die deutsche Nationalmannschaft treffen, dann empfangen sie ihr Vorbild.
       Deutschland war eine der Nationen, an denen sich der englische Fußball ein
       Beispiel nahm bei der Reform seiner Nachwuchsarbeit. Der DFB stellte seine
       Talentförderung radikal um nach den desaströsen Auftritten bei den
       Europameisterschaften 2000 und 2004 (jeweils Aus in der Vorrunde). Die
       Neuausrichtung war einer der Gründe für Deutschlands WM-Triumph 2014.
       England hat bei den Senioren zwar weiterhin nur den WM-Sieg 1966
       vorzuweisen, kam einem Titel in der jüngeren Vergangenheit unter Trainer
       Gareth Southgate aber immer näher. Bei der WM 2018 scheiterte die
       Mannschaft im Halbfinale an Kroatien, bei der EM im vergangenen Jahr
       erreichte England zum ersten Mal seit 1966 wieder ein Endspiel, verlor dort
       aber im Elfmeterschießen gegen Italien.
       
       Bei der nahenden WM in Katar gehören die „Three Lions“ zum erweiterten
       Favoritenkreis. Das liegt auch an einer Vielzahl junger Topspieler wie Jude
       Bellingham, 19, von Borussia Dortmund, Phil Foden, 22, von Manchester City,
       Jadon Sancho, 22, von Manchester United, oder Bukayo Saka, 21, vom FC
       Arsenal. In der Premier League tummeln sich weitere Talente, die in
       absehbarer Zeit ein Thema für die A-Auswahl werden. Beispiele sind Harvey
       Elliott, 19, vom FC Liverpool, Anthony Gordon, 21, vom FC Everton oder
       Conor Gallagher, 22, vom FC Chelsea. Die englischen Nachwuchs-Auswahlen
       räumen seit Jahren reihenweise Titel ab. 2017 wurden die U17 und die U20
       Weltmeister, 2021 holte Englands U19 den EM-Titel. Das Land ist zur besten
       Talentschule des europäischen Fußballs geworden, und das ist kein Zufall.
       Wie in Deutschland zu Beginn des Jahrtausends wurde in England nach der
       verpassten EM 2008, dem Achtelfinal-Aus bei der WM 2010 (gegen Deutschland)
       und dem Scheitern im Viertelfinale der EM 2012 die Nachwuchsarbeit
       professionalisiert und vereinheitlicht.
       
       Wichtigstes Instrument dabei war der 2011 verabschiedete Elite Player
       Performance Plan (EPPP). Dieser legte fest, dass die Nachwuchszentren der
       englischen Klubs in vier verschiedene Kategorien eingeteilt werden.
       Akademien der höchsten Kategorie erhalten mehr Geld vom Verband, der FA,
       und haben mehr Möglichkeiten bei der Verpflichtung der besten Talente des
       Landes. Das führte dazu, dass viele Klubs in ihre Akademien investierten,
       um in die höchste Kategorie aufzusteigen. Außerdem schreibt der EPPP eine
       höhere Anzahl in England ausgebildeter Spieler in den Kadern der
       Premier-League-Vereine vor. Die Trainerausbildung wurde ebenfalls
       verbessert. Die Reform geht zurück auf Howard Wilkinson, den ehemaligen
       technischen Direktor der FA. Für ihn sollten die englischen
       Nachwuchszentren das „Oxford und Cambridge“ der Fußball-Talentförderung
       sein.
       
       Auf Auswahlebene führte die FA 2014 die sogenannte England-DNA an. Diese
       schreibt von den Junioren-Nationalmannschaften bis zur A-Elf die gleichen
       stilistischen Grundsätze vor. England soll, so der Plan, Ballbesitzfußball
       spielen, technisch auf höchstem Niveau agieren und strukturiert pressen.
       Zum Symbol der Neuausrichtung der Talentförderung wurde der 2013 eröffnete
       Nationalmannschaftsstützpunkt St. George’s Park.
       
       Auf 13 Plätzen trainieren dort Englands Auswahlen aller Altersklassen. Die
       Vereinheitlichung und Professionalisierung der Nachwuchsarbeit nützt aber
       nicht nur dem englischen Fußball. Einige Spieler aus der Talentschmiede des
       Landes entscheiden sich, für andere Nationen zu spielen. Ein Beispiel ist
       Jamal Musiala. Er kommt am Montag mit der DFB-Elf als Gegner ins
       Wembley-Stadion.
       
       26 Sep 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hendrik Buchheister
       
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