URI: 
       # taz.de -- 100 Millionen Dänische Kronen: Dänemark zahlt Klima-Schadenersatz
       
       > Dänemark will armen Ländern Geld für Schäden und Verluste infolge der
       > Klimakrise zur Verfügung stellen. Die Ankündigung bricht ein Tabu.
       
   IMG Bild: Nachweislich durch den Klimawandel begünstigt: die dramatischen Überschwemmungen in Pakistan
       
       Berlin taz | Als erster Staat hat Dänemark diese Woche Geld für arme Länder
       zugesagt, um für Schäden und Verluste infolge der Klimakrise aufzukommen.
       100 Millionen Dänische Kronen (13,4 Millionen Euro) will die Regierung in
       Kopenhagen dafür bereitstellen, wie Entwicklungsminister Flemming Møller
       Mortensen in der vergangenen Woche am Rande der Generalversammlung der
       Vereinten Nationen in New York bekannt gab.
       
       Die Summe ist, gemessen an den Kosten der Klimakrise, nicht groß, die
       Ankündigung bricht aber ein Tabu: Die Industrieländer zahlen zwar bereits
       Geld an arme Länder, um ihnen beim Klimaschutz und bei der Anpassung an die
       Klimakrise zu helfen – sie leisten aber bisher [1][ausdrücklich keinen
       Schadenersatz].
       
       Zerstört also ein Sturm ganze Landstriche, sterben in einer Hitzewelle
       Tausende Menschen, bricht durch Dürre eine Ernte weg, darf das Geld nicht
       dafür verwendet werden, für die Schäden aufzukommen, selbst wenn ein
       Zusammenhang zur Klimakrise nachgewiesen ist.
       
       Hintergrund ist die Angst der reichen Länder vor juristischen Folgen.
       Schließlich haben die Industrieländer die Klimakrise zu einem großen Teil
       verursacht. Könnte man eine solche Zahlung nicht als Schuldeingeständnis
       werten? Dann drohen eventuell weitere Haftungsansprüche.
       
       ## Australien soll Indigene entschädigen
       
       „Ich konnte mich im Frühling in Bangladesch selbst davon überzeugen, dass
       es nötig ist, die Folgen des Klimawandels stärker in den Fokus zu nehmen“,
       sagte Møller Mortensen. „Es ist völlig ungerecht, dass die Ärmsten der Welt
       am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden sollen, wozu sie am
       wenigsten beigetragen haben. Mit dieser neuen Vereinbarung lassen wir den
       Worten Taten folgen.“
       
       Streng genommen ist die dänische Geldzusage nicht die allererste ihrer Art:
       Nicola Sturgeon, Erste Ministerin von Schottland, hatte auf der
       Weltklimakonferenz im vergangenen Jahr in Glasgow symbolische 2 Millionen
       Britische Pfund (2,2 Millionen Euro) [2][für den Umgang mit
       klimawandelbedingten Schäden und Verlusten versprochen]. Dänemark ist aber
       der erste vollwertige Staat, der diesen Schritt geht.
       
       Auf der Konferenz in Schottland hatten etliche Länder des Globalen Südens
       einen internationalen Fonds für Klima-Schadenersatz gefordert. Das war am
       Widerstand der Europäischen Union und der USA gescheitert. In Ermangelung
       eines solchen Fonds geht das Geld aus Dänemark jetzt an verschiedene
       Projekte, darunter die Initiative Insuresilience, die in Frankfurt am Main
       angesiedelt ist und an der die deutsche Regierung beteiligt ist. Dabei
       handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft für
       Versicherungsmodelle.
       
       Dass es bei solchen marktwirtschaftlichen Ansätzen bleibt, wollen arme
       Länder und Klimaaktivist:innen verhindern. Anfang September schrieben
       400 Organisationen um das Climate Action Network deshalb einen offenen
       Brief, in dem sie die Vereinten Nationen dazu aufforderten, das Thema
       offiziell auf die Tagesordnung der nächsten Weltklimakonferenz im November
       in Ägypten zu setzen.
       
       Das Thema Klima-Schadenersatz ist auch jetzt schon juristisch bedeutsam. Am
       Freitag hat der UN-Menschenrechtsausschuss in Genf Australien verpflichtet,
       indigene Bewohner:innen der australischen Torres-Strait-Inseln zu
       entschädigen. Die Regierung habe die acht Kläger:innen nicht angemessen
       vor den Auswirkungen des Klimawandels geschützt, unter anderem durch zu
       späten Dammbau, aber auch durch [3][zu viele Treibhausgas-Emissionen].
       
       Die Anwältin Sophie Marjanac, die die Klage für die
       Umweltrechtsorganisation ClientEarth begleitet hat, sprach von einem
       „historischen Sieg für Klimagerechtigkeit“. Der Beschluss öffne auch die
       Türen für weitere Klagen.
       
       26 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Petersberger-Klimadialog/!5865456
   DIR [2] /Schaeden-und-Verlust-in-der-Klimakrise/!5834968
   DIR [3] /Australien-will-CO2-Emissionen-reduzieren/!5861648
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Schwarz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Dänemark
   DIR Schadensersatz
   DIR Umweltzerstörung
   DIR klimataz
   DIR IG
   DIR Wir retten die Welt
   DIR Klimakonferenz in Dubai
   DIR Wahlen
   DIR Annalena Baerbock
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Dänemark for Future: Verehrte Majestät, König Frederik X.!
       
       Unser Autor bittet um die dänische Staatsbürgerschaft. Er findet, dort ist
       die Klima- und Umweltpolitik viel besser.
       
   DIR Weltklimagipfel in Ägypten: Ein Schirm zum Klima-Schutz
       
       Deutschland will armen Ländern Geld zum Umgang mit klimawandelbedingten
       Schäden zahlen. Auch Österreich zieht nach.
       
   DIR Vorgezogene Neuwahlen in Dänemark: Ein Ende des Schlingerkurses
       
       Die aktuelle Regierung ist kaum handlungsfähig. Vorgezogene Wahlen könnten
       das ändern. Umfragen belegen aber eine Politikverdrossenheit.
       
   DIR Petersberger Klimadialog in Berlin: Die Reichen wollen nicht zahlen
       
       Der Petersberger Klimadialog sollte Vertrauen zwischen Staaten schaffen,
       damit es beim Klimaschutz vorangeht. Beobachter:innen sind enttäuscht.
       
   DIR Petersberger Klimadialog: Deals mit dem schlechten Gewissen
       
       Bei der 13. Auflage des internationalen Ministertreffens geht es darum,
       Schadenersatz für arme Länder voranzubringen. Das Thema war jahrelang tabu.
       
   DIR Schäden und Verlust in der Klimakrise: Das große Klimakosten-Tabu
       
       Wer zahlt für die Schäden der Klimakrise? Afrikanische Staaten wollen das
       Thema auf der Konferenz in Ägypten oben auf die Tagesordnung setzen.