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       # taz.de -- Ex-Regierungssprecher bei „FAZ“-Stiftung: Der nächste Seitenwechsel
       
       > Ulrich Wilhelm war früher Regierungssprecher, später BR-Intendant. Jetzt
       > ist er „ein bisschen Verleger“ der „FAZ“.
       
   IMG Bild: Ulrich Wilhelm
       
       Seitenwechsel werden in Deutschland gerne argwöhnisch beäugt. „Schuster*in,
       bleib bei deinen Leisten“ ist das Motto. Problematisch wird das bei
       Menschen, die keinen richtigen Beruf haben. Zu dieser Spezies gehören zum
       Beispiel Politiker*innen. Die müssen am Ende der Laufbahn etwas werden,
       Sparkassenpräsident*in, Aufsichtsrät*in [1][oder
       Putinversteher*in].
       
       Wenn es ganz schlimm kommt, wird so eineR dann öffentlich-rechtliche
       Intendant*in. „Hä, wieso das offizielle Personalaustauschprogramm
       Seitenwechsel der Bundesregierung von 2004 sieht’s doch vor?“, meint die
       Mitbewohnerin. „Das PAP-Ziel heißt, ‚bestehende Grenzen zwischen den
       Sektoren abzubauen und Wissenstransfer zu ermöglichen.‘“
       
       Merkels [2][ehemaliger Regierungssprecher] Ulrich Wilhelm hat zwar an dem
       Programm nicht teilgenommen, wäre aber ein prima PAP-Praktikant. Das
       „lächelnde Fallbeil“, wie ihn diese Zeitung mal nannte, wurde aus der
       Regierung heraus [3][Intendant des Bayerischen Rundfunks]. Dort exekutierte
       er das zur BR-DNA wie das Hofbräuhaus zu München gehörende „Bayern first“
       und ging dem Rest der ARD mächtig auf den Wecker.
       
       Zum Glück war das eine Zeit knapp vor dem Verschwörungsgeraune von den
       Staatsmedien. Auch de facto von der katholischen Kirche geführte Gremien
       wie der BR-Rundfunkrat oder üppige Dienstwagen-Zulassungen gingen damals
       noch voll in Ordnung. Und Wilhelm war klug genug, rechtzeitig wieder weg zu
       sein. Nach zwei Amtszeiten, in denen er den BR gekonnt digital umkrempelte,
       machte er im Januar 2021 die Biege.
       
       ## Hochgradig untertrieben
       
       Aber Wilhelm wäre nicht Wilhelm, hätte er nicht gleich den nächsten
       Ganzseitenumbruch vollführt. Wohl kein Blatt legt sich schon so lange, zäh
       und ausdauernd mit den Öffentlich-Rechtlichen an wie die Frankfurter
       Allgemeine Zeitung. Und wer hatte diese Woche Dienstag in der
       Anmeldeschlange beim Zeitungsverleger-Kongress was zu lächeln? Ulrich
       Wilhelm natürlich, schließlich ist er jetzt auch „ein bisschen Verleger“,
       wie er selbst sagt.
       
       Wobei das „bisschen“ hochgradig untertrieben ist. Wilhelm ist seit
       vergangenen August einer von zwei Geschäftsführern der Fazit-Stiftung, die
       Wissenschaft, Bildung und Erziehung fördert. Der gehören so ganz nebenbei
       aber auch mehr als 90 Prozent der FAZ.
       
       Nun sind Zeitungen, wie berichtet, in schwerer See unterwegs. Da hilft ein
       gemeinsamer Lieblingsfeind ungemein. Entsprechend groß war beim Kongress
       auch das Geningel über die öffentlich-rechtlichen Angebote im Netz. Doch
       Rettung naht. Wenn PAP-Kamerad Wilhelm schon ins Verlagsteam eingewechselt
       wurde, kann er da ja für die zweite Halbzeit statt Fallbeil den lächelnden
       Versöhner geben. Zumindest bis zum nächsten Seitenwechsel.
       
       15 Sep 2022
       
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