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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Massengrab in Isjum entdeckt
       
       > In der befreiten Stadt Isjum wurden 440 Leichen in einem anonymen Grab
       > gefunden. Rosneft wird in Deutschland unter Treuhandverwaltung gestellt.
       
   IMG Bild: Im Wald nahe der befreiten ukrainischen Stadt Isjum wurde ein anonymes Massengrab gefunden
       
       ## Massengrab in zurückeroberter Stadt Isjum entdeckt
       
       In der durch die ukrainische Armee zurückeroberten Stadt Isjum ist laut
       Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Massengrab gefunden worden. „Wir wollen,
       dass die Welt weiß, was die russische Besatzung angerichtet hat“, sagte
       Selenskyj am Donnerstagabend, ohne Details zur Anzahl der Leichen oder der
       Todesursache zu nennen. Die Ermittlungen hätten begonnen, am Freitag
       sollten erste Erkenntnisse vorliegen.
       
       Präsidialamtschef Andrij Jermak warf den russischen Truppen Mord vor und
       veröffentlichte ein Foto von einem Waldgebiet mit grob gezimmerten
       Holzkreuzen. Alle in dem Massengrab gefundenen Leichen würden exhumiert und
       gerichtsmedizinisch untersucht, kündigte Jermak an. Weitere Informationen
       sollten am Freitag veröffentlicht werden.
       
       Regionalpolizeichef Sergej Botwinow sprach gegenüber dem Sender Sky News
       von einer Grabstätte mit etwa 440 Leichen, die in Isjum entdeckt worden
       sei. Einige der Menschen seien durch Schüsse getötet worden, andere während
       Bombardierungen gestorben.
       
       Selenskyj verglich Isjum mit den Städten Butscha und Mariupol, die zu
       Symbolen für die Gräuel der russischen Invasion der Ukraine geworden sind.
       „Russland hinterlässt überall den Tod“, sagte er. Die Welt müsse Moskau
       „wirklich für diesen Krieg zur Rechenschaft ziehen.“ (afp)
       
       ## 🐾 Alltag in der Ukraine: Die Gräber von Lwiw
       
       Im Westen der Ukraine ist kein Krieg, doch seine Spuren durchziehen den
       Alltag. In der Kirche, bei der Blumenverkäuferin, auf Friedhöfen,
       [1][schreibt Taz-Autor Marco Zschieck] aus Lwiw.
       
       ## Rosneft Deutschland kommt unter Treuhandverwaltung
       
       Die Bundesregierung präsentiert die lange erwartete Lösung für die
       PCK-Raffinerie in Schwedt: Sie stellt den russischen Mehrheitseigner –
       Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing GmbH – unter
       Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur, wie das
       Bundeswirtschaftsministerium am Freitagmorgen mitteilte. Zudem soll es ein
       „Zukunftspaket“ für das PCK geben.
       
       „Mit der Treuhandverwaltung wird der drohenden Gefährdung der
       Energieversorgungssicherheit begegnet und ein wesentlicher Grundstein für
       den Erhalt und die Zukunft des Standorts Schwedt gelegt“, teilte Habecks
       Ministerium mit. Das „Zukunftspaket“ soll einen „Transformationsschub“ für
       die Region bringen und die Raffinerie unterstützen, damit die Versorgung
       mit Öl auf alternativen Lieferwegen sichergestellt werde.
       
       Die Treuhandverwaltung wird an diesem Freitag wirksam und ist zunächst auf
       sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen
       zu tragen. Die Bundesnetzagentur kann damit Mitglieder der Geschäftsführung
       abberufen und neu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen erteilen.
       
       Hintergrund ist das [2][Öl-Embargo gegen Russland] wegen des
       Ukraine-Kriegs, das am 1. Januar 2023 greift. Bislang ist die
       PCK-Raffinerie von der Belieferung mit russischem Erdöl über die
       „Druschba-Pipeline“ abhängig. Der russische Staatskonzern Rosneft, der über
       die beiden nun unter Treuhandverwaltung gestellten Töchter rund 54 Prozent
       am PCK hielt, hatte nach früheren Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig
       Interesse an einer Abkehr von russischem Öl.
       
       Rosneft Deutschland vereine insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen
       Erdölverarbeitungskapazität auf sich und sei damit eines der größten
       erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland, so das Ministerium. Von der
       Treuhandverwaltung sind auch Raffinerien in Baden-Württemberg und Bayern
       betroffen.
       
       PCK hat rund 1.200 Mitarbeiter und gilt als wirtschaftliche Säule der
       Region um das brandenburgische Schwedt. Die Raffinerie versorgt große Teile
       des deutschen Nordostens mit Treibstoff. (dpa)
       
       ## Selenskyj fordert achtes EU-Sanktionspaket gegen Russland
       
       Selenskyj bezeichnete Russland in einer am Donnerstagabend verbreiteten
       Videobotschaft erneut als „Terrorstaat“, der mit Angriffen auf die
       Energie-Infrastruktur und Staudämme in der Ukraine versuche, die „Feigheit
       und Unfähigkeit seiner Streitkräfte“ zu kompensieren. Auf [3][Terror] müsse
       immer eine harte Reaktion folgen, forderte Selenskyj. „Deshalb muss es das
       achte Sanktionspaket der EU geben.“ (dpa)
       
       ## Ukraine verlangt schlagkräftige Luftabwehrsysteme
       
       Außerdem verlangte Selenskyj vom Westen einmal mehr schlagkräftige
       Luftabwehrsysteme, um den ukrainischen Luftraum zu schützen. „Der Schutz
       der Ukraine vor russischen Raketen ist ein wahrhaftig grundlegendes Element
       der globalen Sicherheit“, sagte er. Mehr als 3.800 Raketen habe Russland
       seit Kriegsbeginn am 24. Februar auf die Ukraine abgefeuert.
       
       Die Unterstützung seines Landes mit Waffen, Munition und Geld sei
       essenziell für den Frieden in Europa, betonte der 44-Jährige. „Je mehr
       Unterstützung wir haben, desto schneller wird dieser Krieg enden.“ Nur mit
       einem Sieg der Ukraine könne die Freiheit in der Welt verteidigt werden.
       (dpa)
       
       ## Bundesregierung will Ukraine Waffen überlassen
       
       Die Bundesregierung wird der Ukraine zwei weitere
       Mars-Mehrfachraketenwerfer sowie 50 gepanzerte Fahrzeuge vom Typ Dingo
       überlassen. Zudem würden 200 Raketen geliefert, kündigte
       Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Donnerstag in Berlin
       an. Berlin erweitert damit die Liste der Waffensysteme, lässt die von Kiew
       vorgebrachte Forderung nach Kampf- und Schützenpanzern aber unerfüllt. Das
       US-Außenministerium kündigte am Donnerstagabend weitere Militärhilfe für
       Kiew im Umfang von 600 Millionen US-Dollar (rund 600 Millionen Euro) an –
       etwa in Form von zusätzlichen Waffen, Munition und Ausrüstung aus
       US-Beständen. (dpa)
       
       ## Von der Leyen fordert Lieferung von Panzern an Ukraine
       
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zum Abschluss ihres
       Besuchs der Ukraine an die europäischen Staaten appelliert, dem Land auch
       westliche Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Von der Leyen sagt in einem
       Interview mit Bild: „Wenn sie sagen, sie brauchen Kampfpanzer, dann sollten
       wir das ernst nehmen und sollten ihnen das liefern.“
       
       Nach ihrem Gespräch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte von der Leyen
       zur Begründung: „Die Ukrainer beweisen ja, dass sie, wenn sie die richtigen
       militärischen Mittel haben, sich verteidigen können.“ In diesem Kampf gehe
       es darum, „dass die Demokratie siegt und die Autokratie verliert“. Und
       deshalb sei es so wichtig, dass die Ukrainer alle militärischen Mittel
       bekommen, von denen sie sagen: „Wir brauchen sie jetzt.“ (rtr)
       
       ## Stephan Weil für Lockerung der Rüstungsexportregeln
       
       Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) unterstützt den Vorstoß
       von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht für eine Lockerung der
       strengen Rüstungsexportregeln. „Das scheint mir plausibel zu sein – gerade
       unter dem Gesichtspunkt der europäischen Kooperation“, so Weil. „Die
       Staaten in Europa sitzen in einem Boot. Wir haben das gemeinsame Interesse,
       zusammen stark zu sein. Und dazu gehört es auch, in Rüstungsfragen
       zusammenarbeiten zu können.“
       
       Die SPD-Politikerin Lambrecht hatte sich Anfang der Woche in einer
       Grundsatzrede dafür ausgesprochen, die strikten deutschen Richtlinien für
       Rüstungsexporte aufzuweichen, um Kooperationen mit europäischen
       Bündnispartnern wie Frankreich, Spanien oder Großbritannien zu erleichtern.
       In diesen Ländern werden Rüstungsexporte nicht so stark etwa von der
       Menschenrechtslage in den Zielländern abhängig gemacht wie in Deutschland.
       Bei Gemeinschaftsprojekten müssen sich aber auch die Unternehmen in den
       Partnerstaaten beim Export an die deutschen Beschränkungen halten.
       
       Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, die
       Rüstungsexportkontrolle auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Ein
       Gesetzentwurf wird derzeit im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck
       (Grüne) erarbeitet. Die Grünen wollen die Regeln sogar noch verschärfen und
       den Export in Länder außerhalb von Europäischer Union und Nato weiter
       einschränken. (dpa)
       
       ## Papst will weiterhin Dialog mit Moskau ermöglichen
       
       Der Vatikan will den Weg des Dialogs mit Russland offen halten. Papst
       Franziskus sagte am Donnerstag auf dem Rückweg von einer Kasachstan-Reise,
       er schließe das Gespräch mit keiner Macht, die sich im Krieg befinde, aus,
       selbst wenn es sich um den Aggressoren handele. Dies sei unbequem, aber
       notwendig.
       
       „Man muss immer einen Schritt nach vorne machen, mit ausgestreckter Hand,
       denn die Alternative ist, die einzige vernünftige Tür zum Frieden zu
       schließen“, sagte der Pontifex im Flugzeug vor Journalisten. Gleichzeitig
       erklärte er, Waffenlieferungen an die Ukraine seien moralisch vertretbar,
       weil sich das Land gegen eine Invasion verteidige. Eine solche Verteidigung
       sei nicht nur richtig, sondern auch ein Ausdruck der Liebe zum Land. (ap)
       
       ## USA verhängen weitere Sanktionen gegen Russland
       
       Die US-Regierung hat am Donnerstag weitere Sanktionen gegen Dutzende
       russische und ukrainische Vertreter sowie russische Unternehmen verhängt.
       Das Außenministerium teilte mit, alle Betroffenen unterstützten den
       russischen Krieg gegen die Ukraine. Ihnen würden Menschenrechtsverletzungen
       und der Diebstahl von ukrainischem Getreide vorgeworfen.
       
       Die Sanktionen richteten sich gegen mindestens 23 Einzelpersonen und 31
       russische Regierungsbehörden und Unternehmen. Einige, aber nicht alle der
       Betroffenen seien bereits Gegenstand von US-Strafmaßnahmen wie dem
       Einfrieren von Vermögenswerten und dem Verbot für US-Staatsbürger, mit
       ihnen Geschäfte zu machen. US-Außenminister Antony Blinken sagte, einige
       der Sanktionierten seien Gewalttäter, einer habe die Verschleppung von
       Kindern aus der Ukraine unterstützt.
       
       Zu den von den Sanktionen betroffenen Behörden und Unternehmen gehörte der
       russische Inlandsgeheimdienst GRU, gegen den die USA bereits seit 2016
       Sanktionen verhängt haben. Seitdem wird er außerdem beschuldigt, Lager zu
       betreiben, durch die Ukrainer zwangsweise deportiert wurden. Ebenfalls
       sanktioniert wurden Hightech-Firmen, die in der russischen Raumfahrt- und
       Satellitenbranche tätig sind, sowie Computerfirmen, die Mikroprozessoren
       und Halbleiter herstellen, die von den russischen Streitkräften verwendet
       werden. (ap)
       
       ## Prozess wegen „Hochverrat“ gegen OSZE-Mitarbeiter
       
       Im ostukrainischen Luhansk hat am Donnerstag der Prozess gegen einen
       Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
       (OSZE) begonnen. Dem seit April inhaftierten Mann werde „Hochverrat“
       vorgeworfen, erklärte das Ministerium für Staatssicherheit in dem
       prorussischen Separatistengebiet auf seiner Website. Dmitry Schabanow habe
       als Sicherheitsassistent der Stachanawoskaja Forward Patrol Base geheime
       Informationen zu Vertretern ausländischer Geheimdienste weitergegeben, hieß
       es weiter.
       
       Der Erklärung war ein 15 Sekunden langes Video beigefügt, auf dem der
       Beschuldigte, in Handschellen und mit rasiertem Kopf, von der Polizei zu
       einem Metallkäfig im Gerichtsgebäude geführt wird. Dem Ministerium zufolge
       war Schabanow 2016 von einem früheren Offizier des ukrainischen
       Inlandsgeheimdienstes SBU und einem CIA-Agenten rekrutiert worden.
       
       Die OSZE-Mission war seit 2014 in der Konfliktzone im Einsatz. Zu Beginn
       der russischen Offensive in der Ukraine beendete sie ihre Arbeit in den
       Regionen Donezk und Luhansk. (afp)
       
       ## Duma will Vernehmung des Verteidigungsministers
       
       Das russische Parlament erwägt einem Medienbericht zufolge die Vernehmung
       des Verteidigungsministers Sergej Schoigu. Der Rat der Staatsduma werde die
       Angelegenheit am Montag diskutieren, zitiert die russische Zeitung
       „Kommersant“ den Vorsitzenden der kleinen kremlnahen Partei Gerechtes
       Russland, Sergej Mironow. Es ist untypisch für die Staatsduma, einen
       Verteidigungsminister vorzuladen.
       
       Die russischen Streitkräfte werden auch in Russland kritisiert, nachdem sie
       große Teile der ukrainischen Region Charkiw durch die Gegenoffensive der
       Ukraine verloren haben. (rtr)
       
       16 Sep 2022
       
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