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       # taz.de -- Rechtsextremismus im Rettungsdienst: Nazikalender und rassistische Chats
       
       > Rettungskräfte fallen als Flüchtlingsfeinde oder Reichsbürger auf. Wie
       > taz-Recherchen zeigen, werden Patient:innen deswegen schlechter
       > behandelt.
       
   IMG Bild: In Reihen deutscher Rettungskräfte gibt es ein ernstzunehmendes Rassismusproblem
       
       Berlin taz | Hilfsorganisationen, die in Deutschland den Rettungsdienst
       durchführen, haben ein Problem mit Rechtsextremismus und Rassismus in den
       eigenen Reihen. Das zeigen Recherchen der taz am Wochenende. So wurden bei
       den Johannitern in Köln die Geburtstage von Adolf Hitler und anderen
       Nazi-Größen in einen Wandkalender eingetragen und ein rassistisches Spiel
       gespielt. Rettungskräfte fielen dort auch als Reichsbürger und mit einer
       Nähe zur rechtsextremen Identitären Bewegung auf.
       
       Auf einer Rettungswache der Malteser in Nordrhein-Westfalen soll ein
       Mitarbeiter vor einem Einsatz geäußert haben, dass er lieber das
       Flüchtlingsheim anzünden wolle, als den Geflüchteten zu helfen. Auf dieser
       Wache tauschen Mitarbeitende in einer großen WhatsApp-Chatgruppe
       rassistische und sexistische Memes aus. Die Inhalte der Chatgruppe liegen
       der taz vor.
       
       Rettungskräfte von beiden Rettungswachen berichten der taz von Fällen, in
       denen aus rassistischen Gründen Patient:innen schlechter behandelt
       wurden. Schmerzhafte Beschwerden von Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe
       oder einem vermeintlich ausländischen Namen würden demnach mitunter nicht
       ernst genommen.
       
       Mit Begriffen wie „Morbus Bosporus“ und „Morbus Mediterraneus“ stellen
       Rettungskräfte demnach Scheindiagnosen bei Menschen mit
       Migrationshintergrund. Dass diese Begrifflichkeiten im Rettungsalltag so
       benutzt werden, bestätigen mehr als zwei Dutzend Rettungskräfte aller
       relevanten Hilfsorganisationen an unterschiedlichen Orten in Deutschland.
       Sie schildern auch, wie Mitarbeitende mit Migrationshintergrund von
       Kolleg:innen rassistisch beschimpft werden.
       
       Die Rettungskräfte, die in Köln in Zusammenhang mit den rechtsextremen und
       rassistischen Vorfällen aufgefallen sind, arbeiten zumindest teilweise
       immer noch für die Johanniter Unfallhilfe. Der Mitarbeiter, der die
       Vorfälle 2020 intern weitgehend erfolglos angesprochen hatte, wurde
       gekündigt. Eine Sprecherin räumt auf taz-Anfrage Probleme ein. „Aus
       heutiger Sicht müssen wir konstatieren, dass es im Sommer 2020 erkennbar
       Fehlentwicklungen und Fehlverhalten in der Rettungswache gegeben hat“,
       teilt sie mit. Sie kündigt eine „engagierte Untersuchung“ an, man werde
       sich auch „intensiv Präventionsmaßnahmen widmen“. Der Landesverband der
       Malteser in NRW teilt mit, dass man den Vorwürfen „selbstverständlich
       unverzüglich“ nachgehe. „Wir verurteilen so ein menschenverachtendes
       Verhalten, generell und insbesondere in unseren eigenen Reihen“, sagte ein
       Sprecher.
       
       Die Hilfsorganisationen und die Kommunen, die für den Rettungsdienst
       zuständig sind, sind den Recherchen der taz zufolge bislang überhaupt nicht
       oder nicht ausreichend für das Problem sensibilisiert.
       
       Der katholische Malteser Hilfsdienst beschäftigte sich offenbar erst nach
       der taz-Anfrage zu den rassistischen Scheindiagnosen mit dem Thema. „Wir
       müssen erschüttert feststellen, dass diese Begrifflichkeiten, die im
       medizinischen Bereich wohl häufiger vorkommen, auch zunehmend in den
       Rettungsdienst der Malteser Einzug gehalten haben“, sagte ein Sprecher.
       „Die genannten Begriffe waren uns bislang nicht bekannt“, teilt die
       evangelische Johanniter Unfallhilfe mit. Die Verwendung solcher Begriffe
       stelle eine „Herabwürdigung der betreffenden Patienten dar, die sich nicht
       mit den Werten und dem Leitbild unserer Organisation vereinbaren ließe und
       gegen die wir, sollte uns diese aus dem Kreis unserer Mitarbeitenden
       bekannt werden, konsequent vorgehen würden“.
       
       Die vollständige Recherche „Rechte Retter“ lesen Sie in der [1][taz am
       Wochenende (Ausgabe 17./18. September)] und hier auf [2][taz.de].
       
       16 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR Sebastian Erb
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