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       # taz.de -- Streit um Entlastungspaket: Kritik aus den Bundesländern
       
       > Beim Spitzentreffen zu den hohen Energiepreisen ist die Stimmung zwischen
       > Bund und Ländern gereizt. Kevin Kühnert kritisiert Markus Söder scharf.
       
   IMG Bild: Blockieren die Launen des bayerischen Ministerpräsidenten (1. v. l.) das Entlastungspaket?
       
       Berlin dpa | In der Debatte über die Umsetzung der neuen Entlastungen zur
       Abfederung hoher Preise knirscht es zwischen Bundesregierung und Ländern.
       SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warf dem bayerischen Ministerpräsidenten
       Markus Söder „politische Spiele“ vor. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund
       (DStGB) rief Bund und Länder auf, in der Krise an einem Strang zu ziehen.
       
       Aus den Bundesländern kommt Kritik an der Aufteilung der Kosten der [1][von
       der Ampel vereinbarten Entlastungsmaßnahmen] zwischen Bund und Ländern.
       Einzelne Länder [2][drohen mit Blockaden] im Bundesrat.
       
       Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dringt angesichts
       absehbarer Belastungen für Wirtschaft und Verbraucher auf eine schnelle
       Entscheidung über ein Aussetzen der Schuldenbremse. Der bayerische
       Regierungschef Markus Söder (CSU) fordert eine „finanzpolitisch große
       Lösung“. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will an der Schuldenbremse
       festhalten, deren erneutes Aussetzen behält er sich als „Ultima Ratio“ vor.
       
       Am 28. September kommen die Ministerpräsidenten der Länder mit
       Bundeskanzler Olaf Scholz zu Beratungen über die Energiekrise zusammen. Die
       Ampel-Koalition hat ein Entlastungspaket im Umfang von 65 Milliarden Euro
       beschlossen, an dem sich auch die Länder beteiligen sollen.
       
       ## Schuldenbremse auszusetzen im Notfall erlaubt
       
       Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht vor, dass die Haushalte
       von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten
       auszugleichen sind. Es gibt allerdings einen Spielraum, der für den Bund
       höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt. Bei
       Naturkatastrophen oder anderen Notsituationen kann die Schuldenbremse
       ausgesetzt werden, was 2020 und 2021 wegen der Coronapandemie geschehen
       ist.
       
       SPD-Generalsekretär Kühnert sagte der Rheinischen Post: „Während die
       Menschen in Deutschland dringend darauf angewiesen sind, dass die
       Entlastungen der Bundesregierung bei ihnen ankommen, spielt Markus Söder
       politische Spiele.“ Er nehme für seine Privatfehde mit der Ampel ein ganzes
       Entlastungspaket in Geiselhaft. „Das ist politischer Größenwahn auf Kosten
       von Millionen Menschen in Bayern und dem ganzen Land. Deutschland hat jetzt
       keine Zeit für die Launen eines CSU-Mannes, [3][der beim Oktoberfest zu
       tief ins Glas geschaut] hat.“
       
       Kühnert sagte weiter, selbstverständlich gebe es in der Umsetzung der
       Entlastungen zwischen Bund und Ländern finanzielle und technische Fragen zu
       besprechen. Deshalb habe Kanzler Scholz zu dem Treffen mit den
       Ministerpräsidenten eingeladen.
       
       Söder hatte der Augsburger Allgemeinen gesagt: „Der Bund sollte sich
       ehrlich machen: Während den Ländern durch die Schuldenbremse die Hände
       gebunden sind, hantiert der Bundesfinanzminister in Schattenhaushalten mit
       gigantischen Milliardensummen.“ Er betonte: „Wir befinden uns in einer
       ökonomischen Krise, die größer ist als bei Corona, deshalb braucht es jetzt
       auch finanzpolitisch eine große Lösung – und nicht nur kleines Besteck.“
       Weil hatte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur von einer
       Notlage gesprochen.
       
       FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai konterte die Kritik der Länder und
       nahm sie in die Pflicht. Der Rheinischen Post sagte er: „Es kann nicht
       sein, dass die Länder immer nur Forderungen stellen, sich dann aber
       wegducken, wenn es um die Umsetzung geht.“
       
       Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd
       Landsberg, mahnte eine frühzeitige Abstimmung zwischen Bund und Ländern an.
       „Erfolgreiche Krisenbewältigung schafft man nur gemeinsam“, sagte
       Landsberg. „Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bund auf die Zustimmung
       der Länder und die Umsetzung durch die Kommunen angewiesen ist.“
       
       19 Sep 2022
       
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