# taz.de -- Will Smith und seine Oscar-Ohrfeige: Hollywoods heuchlerische Seite
> Will Smiths Oscar-Ohrfeige hallt nach und Kritik an seinem Verhalten ist
> berechtigt. Die Reaktionen stehen aber in keinem Verhältnis zur Tat
> selbst.
IMG Bild: Zeigt die Doppelmoral der Oscar Academy: Will Smith muss nach der Ohrfeige vorerst draußen bleiben
Wenn Sie glaubten, die [1][Ohrfeigengeschichte um Will Smith und Chris
Rock] würde ein schnelles Ende finden, dann muss ich Sie enttäuschen – sie
ist immer noch Thema. Wir erinnern uns: Bei der Oscarverleihung am 27. März
ohrfeigte Smith Moderator Rock auf der Bühne, nachdem dieser einen Witz
über Smiths Frau [2][Jada Pinkett Smith und deren Haarausfall] gemacht
hatte.
Was dem Vorfall folgte, war ein medialer Sturm, der bis heute nicht
abklingt. Alle Welt fühlte sich bemüßigt, ihre Meinung kundzutun, von Boris
Johnson bis Joyce Carol Oates. Regisseur Judd Apatow setzte dem die Krone
auf mit einem (inzwischen gelöschten) Tweet, in dem er sagte, Smith hätte
Rock „umbringen“ können.
Aktuell wird diskutiert, ob AppleTV+ den Film „Emancipation“ mit Smith in
der Hauptrolle, der eigentlich als Oscarkandidat gilt, ins Kino bringen
soll – oder ob Smith so sehr zur Persona non grata geworden ist, dass dies
PR-technisch keine gute Strategie wäre.
Kritik an Smiths Verhalten ist berechtigt, seine Zurschaustellung von
toxischer Männlichkeit ist zu beanstanden. Die Reaktionen stehen aber in
keinem Verhältnis zur Tat selbst. Vielen weißen Kommentator*innen ist
entgangen, dass Alopezie (Haarverlust) gerade Schwarze Frauen betrifft.
Rock aber wusste das, immerhin ist er Erzähler und Co-Produzent der Doku
„Good Hair“ (2009), die ebendieses Thema behandelt.
## Hier geht es um mehr
Entsprechend war es vor allem „Black Twitter“, wo man Verständnis für
Smiths Kurzschlussreaktion zeigte. Dass er jetzt für zehn Jahre keine
Oscarverleihung besuchen darf, ist ein noch schlechterer Scherz als der von
Rock. Es zeigt die Doppelmoral der Academy, die in der Vergangenheit
durchaus kontroversere Momente erlebt hat – ohne direkte Konsequenzen zu
ziehen.
Beispielsweise als Roman Polanski, der wegen eines
Vergewaltigungsverfahrens nicht in die USA einreisen durfte, 2002 als
bester Regisseur ausgezeichnet wurde.
Oder als John Wayne 1973 während der [3][Rede der Native American Sacheen
Littlefeather] festgehalten werden musste, um nicht die Bühne zu stürmen.
Littlefeather wies damals im Namen von Marlon Brando die Auszeichnung für
„Der Pate“ zurück, was dieser durch sie mit dem Umgang Hollywoods mit
Native Americans begründete. Die Academy entschuldigte sich erst in diesem
Sommer im Zuge der Smith-Rock-Kontroverse bei der [4][nun verstorbenen
Littlefeather (2. Oktober).]
Hollywood zeigt sich von seiner heuchlerischsten Seite. Die Diskussion rund
um die Veröffentlichung von „Emancipation“ ist nur ein weiteres
unglaubliches Echo auf Smiths Ohrfeige. Für den Film wäre es wohl das
Beste, wenn seine Veröffentlichung ausgesetzt würde.
Aber hier geht es um mehr: Denn man kann den Faktor Rassismus kaum außen
vorlassen, schaut man sich an, warum ausgerechnet Smith als Schwarzer Mann
im immer noch sehr weißen Hollywood so über die Maße verurteilt wird.
4 Oct 2022
## LINKS
DIR [1] /Oscar-Verleihung-und-Vorbilder/!5848463
DIR [2] /Haare-und-Identitaet/!5846805
DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=2QUacU0I4yU
DIR [4] /Indigene-Aktivistin-gestorben/!5882227
## AUTOREN
DIR Isabella Caldart
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