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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Erneute Sanktionen angekündigt
       
       > Brüssel will mit Sanktionen auf die Teilmobilmachung reagieren.
       > Verhandlungen über eine Schutzzone für Saporischschja wurden laut IAEA
       > aufgenommen.
       
   IMG Bild: Ukrainische Kriegsgefangene wurden über Nacht im Austausch für russische Gefangene freigelassen
       
       ## Orbán will Aufhebung der Sanktionen bis Ende 2022
       
       Der ungarische [1][Ministerpräsident Viktor Orbán] verlangt die Aufhebung
       der EU-Sanktionen gegen Russland spätestens bis Ende des Jahres. Die nach
       dem Angriff auf die Ukraine verhängten Strafmaßnahmen gegen Moskau seien
       den Europäern „von den Brüsseler Bürokraten aufgezwungen“ worden, sagte der
       Rechtspopulist nach Angaben der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Nemzet.
       
       Orbán sprach am Mittwochabend auf einer Fraktionsklausur der
       Regierungspartei Fidesz im Plattensee-Bad Balatonalmadi. „Die Sanktionen
       verursachen Wirtschaftsprobleme, die Energiekrise und die Inflation“,
       erklärte er demnach weiter.
       
       Orbán pflegt ein gutes Verhältnis zum Kremlchef Wladimir Putin. Die
       Sanktionen der EU gegen Russland trug er bislang mit. Zugleich konnte er
       sich beim Ölembargo eine Ausnahmeregelung für sein Land ausbedingen. Die
       Sanktionsbeschlüsse der EU erfordern Einstimmigkeit unter den
       Mitgliedsländern. Ungarn gehört der EU seit 2004 an. (dpa)
       
       ## Die EU will Sanktionen gegen Russland verschärfen
       
       Darauf haben sich Minister der 27 EU-Mitgliedsstaaten bei einem informellen
       Treffen wenige Stunden nach der russischen Teilmobilisierung von 300.000
       Reservisten am Mittwoch geeinigt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell
       sagte vor Reportern in New York, die Staaten hätten die politische
       Entscheidung getroffen, neue sektorspezifische und individuelle Maßnahmen
       zu ergreifen. Zudem werde die EU die Ukraine weiterhin mit mehr Waffen
       unterstützen. (rtr)
       
       ## IAEA: „Echte Verhandlungen“ über Schutzzone für AKW
       
       Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach Angaben von Direktor
       Rafael Grossi „echte Verhandlungen“ mit Russland und der Ukraine über die
       Einrichtung einer Schutzzone für [2][das umkämpfte Atomkraftwerk
       Saporischschja] aufgenommen. Er habe sich am Rande der Generaldebatte der
       UN-Vollversammlung in New York neben anderen Treffen sowohl mit dem
       russischen Außenminister Sergej Lawrow, als auch mit dem ukrainischen
       Außenminister Dmytro Kuleba getroffen, sagte Grossi am Mittwoch vor
       Journalisten in New York. „Die Räder sind in Bewegung.“
       
       Ein konkretes Ergebnis gebe es noch nicht, sagte Grossi weiter, aber er
       habe den Eindruck, dass es auf allen Seiten die Überzeugung gebe, dass die
       Einrichtung einer solchen Schutzzone unverzichtbar sei. Weil sich die
       Situation rund um das ukrainische AKW noch weiter verschlechtert habe und
       ihm „riesige Sorge“ bereite, sei Eile geboten, sagte Grossi. „Wir müssen
       das so schnell wie möglich entscheiden.“ Er hoffe, dass er bald in die
       Ukraine und dann auch nach Russland reisen könne, um die Verhandlungen
       fortzusetzen.
       
       Das Kernkraftwerk Saporischschja steht seit Anfang März unter russischer
       Kontrolle. Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5.700
       Megawatt ist es das größte Atomkraftwerk in Europa. Moskau und Kiew lasten
       sich den jüngsten Beschuss der Anlage gegenseitig an. Eine Häufung von
       Vorfällen, die zur Abschaltung von Reaktoren und Stromausfällen führten,
       hatte international die Sorge vor einer Atomkatastrophe erhöht. (dpa)
       
       ## UN-Sondertribunal zur Bestrafung Russlands
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski fordert ein UN-Sondertribunal
       zur Bestrafung Russlands. „Es sollte ein Sondertribunal eingerichtet
       werden, um Russland für das Verbrechen der Aggression gegen unseren Staat
       zu bestrafen“, sagte Selenski am Mittwoch in einer vorab aufgezeichneten
       Videoansprache vor den Vereinten Nationen. Zudem solle die UNO Russland das
       Vetorecht als Mitglied des Sicherheitsrats entziehen. Russland müsse mit
       seinem Vermögen für den Krieg gegen die Ukraine bezahlen. (rtr)
       
       ## Die Teilmobilmachung: eher schwächen als stärken?
       
       Die [3][Teilmobilmachung von 300.000 russischen Reservisten] für den Krieg
       gegen die Ukraine könnte die russischen Truppen nach Meinung des Deutschen
       Reservistenverbandes eher schwächen als stärken. „So schlecht vorbereitete
       Soldaten in einen Krieg zu schicken, ist menschenverachtend und wird
       militärisch ein Desaster für Russland“, sagte der Präsident des
       Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, den Zeitungen des
       Redaktionsnetzwerks Deutschland laut einem Vorabbericht. Auch Reservisten
       müssten gut ausgebildet und vorbereitet werden. Dafür brauche es Wochen.
       Mit einer Teilmobilmachung könne der russische Präsident Wladimir Putin die
       große Zahl der Gefallenen und ausscheidender Soldaten nicht ersetzen. (rtr)
       
       ## Großer Gefangenenaustausch zwischen Moskau und Kiew
       
       Nach fast sieben Monaten Krieg haben die Ukraine und Russland einen großen
       Gefangenentausch verkündet. 205 Ukrainer kehrten aus russischer
       Gefangenschaft zurück, wie der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes,
       Andrij Jermak, in der Nacht zu Donnerstag mitteilte. Die von Moskau
       gesteuerten Separatisten in der Ostukraine gaben zehn Ausländer frei, die
       nach Vermittlung Saudi-Arabiens nach Riad ausgeflogen wurden.
       
       Die Ukraine ließ Jermak zufolge ihrerseits 55 russische Soldaten frei, die
       in der Offensive im Gebiet Charkiw Anfang September gefangen genommen
       worden waren. Demnach durfte auch der festgenommene prorussische Politiker
       Viktor Medwedtschuk, ein Vertrauter von Präsident Wladimir Putin,
       ausreisen.
       
       Zu den ukrainischen Heimkehrern zählten laut Jermak die Kommandeure der
       Verteidigung von Mariupol, die verschanzt im Stahlwerk Azovstal bis Mitte
       Mai Widerstand gegen die russischen Eroberer geleistet hatten. „Unsere
       Helden sind frei“, schrieb er auf Telegram.
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, der Austausch sei
       unter Vermittlung der Türkei zustande gekommen, wie die staatliche
       Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwochabend meldete. Erdogan nannte die
       Einigung demnach einen „wichtigen Schritt“ hin zu einer Beendigung des
       Kriegs in der Ukraine. (dpa)
       
       ## Mehr als 1.000 Festnahmen bei Protesten in Russland
       
       [4][Bei Demonstrationen] gegen die Teilmobilmachung in Russland sind nach
       Angaben von Aktivisten landesweit mehr als 1.000 Menschen festgenommen
       worden. Es habe bei spontanen Protesten in mindestens 38 Städten am
       Mittwoch mindestens 1.054 Festnahmen gegeben, erklärte die Organisation
       OVD-Info, die Festnahmen in Russland dokumentiert. Es sind die größten
       Proteste in Russland seit den Demonstrationen, die es Ende Februar nach
       Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine gegeben hatte.
       
       Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten am Abend dutzende
       Festnahmen in der Hautstadt Moskau und in der zweitgrößten Stadt St.
       Petersburg. Im Stadtzentrum von Moskau wurden mindestens 50 Menschen auf
       einer Einkaufsstraße festgenommen, wie die AFP-Reporter beobachteten. Im
       Stadtzentrum von St. Petersburg füllte die Polizei einen ganzen Bus mit
       Festgenommenen.
       
       Die Demonstranten riefen „Nein zum Krieg“ und „Nein zur Mobilmachung“.
       „Alle haben Angst“, sagte der Demonstrant Wassili Fedorow in St.
       Petersburg. „Ich bin für den Frieden, und ich will nicht schießen müssen.“
       Doch sei es in Russland „sehr gefährlich“, für diese Forderungen auf die
       Straße zu gehen – „sonst wären viel mehr Menschen da gewesen“.
       
       „Warum dienen Sie Putin? Ein Mann, der seit 20 Jahren auf seinem Thron
       sitzt“, rief ein anderer Demonstrant Polizisten zu. „Ich habe Angst um mich
       selbst und um meinen Bruder, der 25 Jahre alt ist und seinen Militärdienst
       abgeleistet hat“, sagte die Studentin Oksana Sidorenko. „Er kann eingezogen
       werden.“
       
       Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Mittwoch eine Teilmobilmachung
       der Russen im wehrfähigen Alter angekündigt. Nach Angaben von
       Verteidigungsminister Sergej Schoigu sollen rund 300.000 Reservisten zur
       Verstärkung der russischen und separatistischen Kräfte in den Osten und
       Süden der Ukraine entsandt werden. Mobilisieren ließen sich laut Schoigu
       aber bis zu 25 Millionen Menschen – dies ist die Gesamtzahl der Reservisten
       in Russland. (afp)
       
       22 Sep 2022
       
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