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       # taz.de -- Reaktion auf Unterdrückung in Iran: Server gegen die Internet-Zensur
       
       > Das Regime in Iran schränkt den Internetzugang ein. Messengerdienste wie
       > Signal bitten um Hilfe aus der Zivilgesellschaft. Die taz folgt dem
       > Aufruf.
       
   IMG Bild: Seltenes Foto aus dem Iran: Wegen anhaltender Proteste zensiert das Regime den Internetzugang
       
       Berlin taz/dpa/afp | Während in Iran landesweit Menschen gegen das Regime
       auf die Straße gehen, drohen die Streitkräfte und Geheimdienste erneut
       [1][mit einem harten Durchgreifen]. Polizei und Sittenwächter gehen brutal
       gegen die DemonstrantInnen vor. Mindestens 17 Menschen kamen bislang ums
       Leben. Derzeit ist unklar, ob die Situation noch weiter eskaliert ist und
       ob es noch mehr Tote gibt.
       
       Seit Mittwoch hat das Regime mit einer [2][massiven Einschränkung des
       Internetzugangs reagiert]. Blockiert sind unter anderem
       Social-Media-Netzwerke wie Instagram sowie Messengerdienste wie Whatsapp
       oder Signal. Weltweit riefen nun Akteure aus der Zivilgesellschaft dazu
       auf, die Menschen in Iran technisch bei der Umgehung der Zensur zu
       unterstützen. Auch die taz beteiligt sich und hat [3][einen Server für
       Signal] aufgesetzt, um die Blockade zu umgehen.
       
       Auslöser der Proteste in Iran ist der gewaltsame Tod der 22 Jahre alten
       Mahsa „Zhina“ Amini vor einer Woche. Sie wurde bei einer Kontrolle von der
       Moralpolizei mit Schlägen misshandelt, fiel ins Koma und starb. Seitdem
       demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der
       Regierung.
       
       Mit der Zensur ist eine unabhängige Berichterstattung noch schwieriger
       geworden. Schon zuvor war es internationalen JournalistInnen kaum noch
       möglich, Bilder der Proteste zu drehen. Der iranischen Zivilgesellschaft
       blieben nur die sozialen Medien für die Kommunikation. Anders als bei
       früheren Protesten könne die iranische Telekombehörde heute „fast den
       gesamten Internetverkehr nach Belieben drosseln“, erklärte die
       ARD-Korrespondentin Natalie Amiri.
       
       ## Verschiedene Arten der Internetzensur
       
       Alp Toker, Gründer der Organisation Netblocks, die den weltweiten
       Datenverkehr analysiert, sagte der taz, in Iran seien verschiedene
       Varianten von Internet-Zensur zu beobachten: Restriktionen gegen die
       verbliebenen Social-Media-Plattformen, weitreichende Abschottungen, die auf
       einzelne Regionen beschränkt sind sowie die komplette Blockade der
       Kommunikation nach außen. Gleichwohl bliebe in Iran aktuell immer ein
       gewisser Grad an Datenverkehr bestehen. „Das macht auch Sinn, weil auch die
       Regierung und Behörden kommunizieren müssen“, so Toker. Auch seien
       flächtendeckende und anhaltende Störungen des Internets für die Wirtschaft
       und die Banken des Landes kaum lange durchzuhalten.
       
       Die USA haben als Reaktion nun die Exportbeschränkungen gelockert, um
       Iranern den Zugang zu Internetdiensten und Software zu erleichtern,
       berichtet die Nachrichtenagentur AFP am Freitag. Technologiekonzernen werde
       ermöglicht, das Internet-Angebot für Iraner auszuweiten, erklärte
       US-Vizefinanzminister Wally Adeyemo. Das umfasse unter anderem den Zugang
       zu Software – darunter Anti-Viren-Programmen – und zu
       Videokonferenz-Diensten. „Mit diesen Änderungen helfen wir den Iranern,
       besser ausgerüstet zu sein gegen die Bemühungen der Regierung, sie zu
       überwachen und zu zensieren“, erklärte Adeyemo.
       
       Doch auch die Zivilgesellschaft engagiert sich bei der Hilfe, die Zensur
       zumindest teilweise zu umgehen. So kursieren Anleitungen, über
       Erweiterungen der Browser über das Tor-Netzwerk auf das Internet
       zuzugreifen. Weltweit wurden NutzerInnen dazu aufgerufen, sich an dem
       [4][Projekt namens „Snowflake“] zu beteiligen, bei dem Menschen aus
       Ländern, die keiner Internet-Zensur unterliegen, anderen von ihrer
       Bandbreite solidarisch etwas abgeben.
       
       ## Taz-Server gegen die Zensur von Signal
       
       Auch der [5][Messengerdienst Signal veröffentlichte am Donnerstag einen
       Aufruf], sogenannte Proxy-Server für den Dienst einzurichten. Damit wird
       die Kommunikation umgeleitet, so dass es dem Regime schwerer gemacht wird,
       Nachrichten zu blockieren. Signal ist ein Messengerdienst für Smartphones,
       der von einer gemeinnützigen Stiftung getragen wird und eine sogenannte
       Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet. Experten empfehlen den Dienst.
       
       Meredith Whittaker, Präsidentin der Signal-Stiftung, erklärte: „Wir
       untersuchen auch weiterhin andere Techniken, die automatisierter und
       bequemer sind. Wie alle anderen Menschen auf der Welt haben auch die
       Menschen in Iran ein Recht auf Privatsphäre.“ Unter dem Hashtag
       #IRanASignalProxy informieren seitdem NutzerInnen auf Twitter, wenn sie
       eine Umleitung eingerichtet haben.
       
       Auch die taz ist dem Aufruf gefolgt und hat einen Proxy-Server für die
       Kommunikation über Signal eingerichtet. Das iranische Regime wird
       versuchen, solche Umgehungen nach und nach zu blockieren. Um das so schwer
       wie möglich zu machen, geben wir die Adresse nur auf Nachfrage heraus und
       bitten darum, sie an Freunde und Verwandte direkt weiterzugeben. Für die
       Server-Adresse und Links zu mehrsprachigen Anleitungen senden Sie uns eine
       E-Mail an: [6][signalproxy@taz.de]
       
       23 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Proteste-in-Iran/!5879847
   DIR [2] /Proteste-in-Iran/!5879784
   DIR [3] /signalproxy@taz.de
   DIR [4] https://snowflake.torproject.org/
   DIR [5] https://signal.org/blog/run-a-proxy/
   DIR [6] /signalproxy@taz.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
       ## TAGS
       
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