# taz.de -- Ukraine-Resolution in UN-Vollversammlung: Spiegel der Machtverhältnisse
> Großmächte wie China und Indien haben vor der Uno sowohl Russland als
> auch dem Westen den Beistand verweigert. Um die Ukraine ging es dabei
> kaum.
IMG Bild: Der UN-Botschafter der Ukraine, Serhiy Kyslytsya, beobachtet die Abstimmung über die russische Annektion
Welche Verbrechen und Brüche des Völkerrechts muss Russland in der Ukraine
noch begehen, um in der [1][UN-Vollversammlung] dafür einhellig verurteilt
zu werden? Das mögen sich jetzt viele Menschen in der Ukraine fragen,
nachdem sich am Mittwoch in New York noch 35 Staaten per Enthaltung
geweigert haben, die Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland zu
verurteilen.
Diplomaten werten als Erfolg, dass jetzt 143 und damit zwei Staaten mehr
als im März [2][das russische Vorgehen] verurteilten. Wie damals haben sich
nur vier an Moskaus Seite gestellt. Großmächte wie etwa China und Indien
haben sich enthalten und damit sowohl Moskau als auch Kiew und „dem Westen“
den Beistand verweigert. Das überrascht nicht.
Zwar wollen Peking und Delhi verhindern, dass Scheinreferenden nach
russischem Muster etwa in Taiwan oder Kaschmir plötzlich Grenzen
verschieben. Aber das aufstrebende China lehnt eben auch eine US-dominierte
unipolare Weltordnung ab und sieht in Moskau ein Gegengewicht.
Für Pekings Machtambitionen sind die USA, die ja auch nicht für strikte
Einhaltung des Völkerrechts bekannt sind, das Problem und nicht Russland,
das als Lieferant für Rohstoffe und Rüstungstechnologie willkommen ist.
Umgekehrt sehen die USA das ähnlich, wie die neue US-Sicherheitsstrategie
zeigt. Für Washington ist China die geostrategische Herausforderung und
nicht Russland. Dessen Krieg in der Ukraine lenkt nur davon ab.
Für Peking, das [3][mit Russlands Vorgehen] nicht einverstanden sein kann,
aber auch einen diplomatischen Triumph der USA verhindern will, ist die
Enthaltung also naheliegend. Das gilt auch für Delhi. Indien ist stark von
russischen Waffenlieferungen abhängig, historisch blockfrei gewesen und
fühlt sich umso wichtiger, je mehr es umworben wird. Delhi möchte aber auch
deshalb Putin nicht verprellen, um ihn nicht in die Arme Chinas zu treiben,
Indiens großen Rivalen.
Bei der Abstimmung in den Vereinten Nationen ging es also nur begrenzt um
die Ukraine, sondern eher um geostrategische Interessen.
13 Oct 2022
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## AUTOREN
DIR Sven Hansen
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