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       # taz.de -- Friedensnobelpreis für drei Akteure: Zu wenig, angesichts der Verheerung
       
       > In der Ukraine hat der Preis schrille Töne ausgelöst. Das zeigt, wie
       > grenzenlos der Hass sein muss, den Putins Krieg sät.
       
   IMG Bild: Berit Reiss-Andersen, Vorsitzende des Nobel-Komitees verliest die Namen der Gewinner des Friedensnobelpreises
       
       Dass das Osloer Komittee bei der Vergabe des diesjährigen
       Friedensnobelpreises [1][nicht am Ukrainekrieg vorbeikommen würde, war
       absehbar]. Deswegen ist die Auswahl der drei Geehrten aus Belarus, Russland
       und der Ukraine (folge)richtig.
       
       Doch fast noch wichtiger und bemerkenswerter sind die schrillen Töne, die
       dieses Ereignis in der Ukraine begleiteten. In den sozialen Medien brach am
       Freitag ein Sturm der Entrüstung aus. Mit den beiden Nachbarländern
       [2][Belarus] und Russland wolle man nicht in einem Atemzug genannt werden –
       vor allem dann nicht, wenn in diesem Zusammenhang, wie in der offiziellen
       Begründung geschehen, Alfred Nobels Vision von Frieden und Brüderlichkeit
       bemüht wird.
       
       Mag diese Reaktion auch die Meinung einer Minderheit und damit der üblichen
       Verdächtigen sein, so zeigt sie doch eins nur allzu deutlich: Die
       Verheerungen, die Russlands grausamer Angriffskrieg gegen die Ukraine im
       Verbund mit Belarus schon jetzt angerichtet hat, gehen tief. Wie
       grenzenlos muss der Hass sein, wenn er mit Ales Bjaljazki und Memorial
       auch diejenigen trifft, die bereits seit Jahrzehnten Diktatur und
       Unterdrückung mutig die Stirn bieten.
       
       Das lässt für die Zukunft nichts Gutes hoffen und sollte auch von
       denjenigen zur Kenntnis genommen werden, die einer zügigen Aufnahme von
       Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau das Wort reden. Und das mit dem
       Ziel, den Krieg möglichst schnell ad acta zu legen und wieder zur
       Tagesordnung übergehen zu können.
       
       Apropos Ales Bjaljazki: Wer redet heute, über zwei Jahre nach den
       wochenlangen Massenprotesten gegen die gefälschte Präsidentenwahl, noch von
       Belarus? Eben. Dabei geht der Terror von Alexander Lukaschenko gegen die
       Belaruss*innen ungebremst weiter. Vor allem Bjaljazki und seiner Gruppe
       Vjasna ist es zu verdanken, dass die zahlreichen politischen Gefangenen
       überhaupt ein Gesicht und, wenn auch nur noch begrenzt, Aufmerksamkeit
       bekommen.
       
       Das Gleiche gilt für Memorial. Wer interessiert sich wirklich für diese
       Menschenrechtsverteidiger*innen der ersten Stunde, die bei ihrem
       Bemühen, die Verbrechen der Stalinzeit aufzuarbeiten, Pionierarbeit
       geleistet haben? Und die jetzt, wie so viele andere
       Menschenrechtsorganisationen in Russland auch, gnadenlos kalt gestellt
       worden sind.
       
       Immerhin: Mit seiner Entscheidung hat Oslo den Preisträgern, die pars pro
       toto für viele Gleichgesinnte stehen, Aufmerksamkeit verschafft. Doch sich
       jetzt zurückzulehnen im Glauben, moralisch Gutes getan und den
       Ausgezeichneten Respekt gezollt zu haben, dazu gibt es wahrlich keinen
       Anlass. Denn das reicht nicht. Der Krieg in der Ukraine ist leider nur der
       beste Beweis dafür.
       
       7 Oct 2022
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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