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       # taz.de -- Neue Urteile in Myanmar: Haft für australischen Ökonom
       
       > Die Militärjunta hat den Wirtschaftsberater Sean Turnell der gestürzten
       > Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu drei Jahren Haft verurteilt. Auch
       > für Aung San Suu Kyi gab es drei weitere Jahre.
       
   IMG Bild: Urteile in Myanmar – Haftstrafe für Sean Turnell
       
       Naypyidaw dpa/taz | Ein von der Militärjunta in Myanmar kontrolliertes
       Gericht hat den australischen Wirtschaftsprofessor Sean Turnell zu drei
       Jahren Haft verurteilt. Dies bestätigten Justizquellen am Donnerstag der
       Deutschen Presse-Agentur.
       
       Der frühere Berater der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi war
       kurz nach dem Militärputsch vom Februar 2021 festgenommen worden und musste
       sich wegen eines angeblichen Verstoßes gegen ein Gesetz zu Amtsgeheimnissen
       vor Gericht verantworten.
       
       Neben Turnell sei auch Aung San Suu Kyi wegen des gleichen mutmaßlichen
       Vergehens zu drei weiteren Jahren Haft verurteilt worden, so die Quellen
       weiter.
       
       In den vergangenen Monaten war die Friedensnobelpreisträgerin wegen
       verschiedener angeblicher Straftaten – darunter Korruption und Anstiftung
       zum Aufruhr – laut des oppositionellen myanmarischen Onlinemediums
       [1][Irrawaddy] in zwölf Fällen bereits zu insgesamt 20 Jahren Haft
       verurteilt worden.
       
       ## „Schauprozesse“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit
       
       Beobachter sprechen von Schauprozessen. Seit Juni sitzt die 77-Jährige in
       einem Gefängnis der Hauptstadt Naypyidaw in Einzelhaft. Sie war bereits mit
       dem Putsch am 1. Februar 2021 vom Militär festgesetzt und komplett von der
       Öffentlichkeit abgeschirmt worden.
       
       Das Militär will mit seiner Kaskade an Verurteilungen der früheren
       Freiheitsikone eine Rückkehr in die Politik ihres Landes für den Rest ihres
       Lebens verbauen. Die Tochter des ermordeten Unabhängigkeitshelden Aung San
       saß bereits unter der früheren Militärjunta für rund 15 Jahre im Gefängnis
       und im Hausarrest.
       
       Die australische Regierung hat immer wieder die Freilassung Turnells
       gefordert, dessen genaues Alter unbekannt ist. Er war bereits am 6. Februar
       2021 als erster Ausländer nach dem Putsch festgenommen worden. Auch
       zahlreiche Professorenkollegen engagieren sich seitdem für ihn.
       
       Seine Ehefrau Ha Vu schrieb auf Facebook, das Urteil breche ihr und der
       ganzen Familie das Herz. Ihr Mann habe Myanmar 20 Jahre lang unterstützt
       und hart für die Entwicklung des Landes gearbeitet. Sie forderte die Junta
       auf, ihren Mann freizulassen und nach Australien abzuschieben.
       
       ## Keine Diplomaten und kein angemessener Rechtsbeistand
       
       Vertretern aus Australien und Medien sei zuvor der Zugang zum Gerichtssaal
       in der Hauptstadt Naypyidaw untersagt worden, berichtete der australische
       Sender ABC. Turnell, der die Vorwürfe stets zurückgewiesen hat, saß seit
       seiner Festnahme zeitweise im für seine Foltermethoden berüchtigten
       Insein-Gefängnis in der größten Stadt Yangon. Mittlerweile wird er in einer
       Haftanstalt in Naypyidaw festgehalten.
       
       Elaine Pearson, die Asien-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human
       Rights Watch, sprach von einer „grausamen Ungerechtigkeit“. Turnell habe
       nie angemessenen Zugang zu einem Rechtsbeistand gehabt. Die australische
       Regierung müsse Druck auf die Junta ausüben, damit Turnell sofort
       freigelassen und nach Hause geschickt werde.
       
       Der Ökonom arbeitete schon seit einigen Jahren als Berater Aung San Suu
       Kyis, um die wirtschaftliche Entwicklung Myanmars zu unterstützen. In
       seiner Heimat war er zuvor unter anderem für die australische Zentralbank
       sowie die Macquarie University in Sydney tätig.
       
       Seit dem Putsch regiert die Junta mit eiserner Faust. Auch Ausländer sind
       im Visier der Generäle. Anfang September wurde die ehemalige britische
       Botschafterin in dem Land, Vicky Bowman, wegen mutmaßlicher Verstöße gegen
       Einwanderungsbestimmungen zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Ihr
       myanmarischer Ehemann, der Künstler Htein Lin, wurde der Beihilfe
       beschuldigt und ebenfalls zu einem Jahr Haft verurteilt.
       
       ## Auch ausländische Journalisten im Visier
       
       Auch internationale Journalisten wurden schon inhaftiert: Der US-Reporter
       Danny Fenster saß sechs Monate im Gefängnis, bevor er [2][im November 2021
       freigelassen] wurde. Der polnische Fotojournalist Robert Bociaga war schon
       im März 2021 kurz nach seiner Festnahme abgeschoben worden.
       
       Nach Angaben der lokalen Menschenrechtsorganisation [3][AAPPB] sitzen
       12.540 Personen in Haft, die seit dem Putsch verhaftet wurden. Davon wurden
       1.493 bisher verurteilt, 84 von ihnen zum Tode. Von Regimekräften getötet
       wurden laut AAPPB seit dem Putsch 2.343 Personen.
       
       29 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.irrawaddy.com/news/burma/myanmars-daw-aung-san-suu-kyi-australian-adviser-three-ministers-jailed-for-three-years.html
   DIR [2] /Pressefreiheit-in-Myanmar/!5815280
   DIR [3] https://aappb.org/?p=23066
       
       ## TAGS
       
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