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       # taz.de -- Von Abschiebung bedrohter Vietnamese: Noch mal zur Härtefallkommission
       
       > Dem ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeiter Pham Phi Son droht in
       > Sachsen die Abschiebung. Die Ausländerbehörde stellt sich quer.
       
   IMG Bild: Pham Phi Son lebt seit 1987 in Chemnitz, seine Tochter wurde hier geboren
       
       Berlin taz | Die Unterstützer des von Abschiebung bedrohten
       [1][ehemaligen DDR-Vertragsarbeiters Pham Phi Son] und seiner Familie gehen
       in die nächste Runde. „Wir bereiten jetzt einen dritten Härtefallantrag
       vor“, sagt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat der taz.
       
       Dem will der Flüchtlingsrat die Arbeitsangebote sächsischer
       Gastronomiebetriebe beilegen. Außerdem belegt der Familienvater derzeit
       einen Deutschkurs. Einen ersten Härtefallantrag für den in Chemnitz
       lebenden Son hatte die Kommission 2019 abgelehnt. Damals waren seine
       schlechten deutschen Sprachkenntnisse negativ ins Gewicht gefallen.
       
       Wie fast alle vietnamesischen DDR-Vertragsarbeiter hatte Pham Phi Son in
       der DDR nur wenige Wochen Deutsch gelernt und sich am Arbeitsplatz mit
       Dolmetschern verständigt. Eine Integration in die Gesellschaft war aus
       Sicht der DDR nicht nötig.
       
       Auch nach der Wende konnte er kein Deutsch lernen: Ein Aufenthaltsrecht
       bekamen ehemalige Vertragsarbeiter damals nur, wenn sie ihren
       Lebensunterhalt selbst verdienten. Das ließ keine Zeit zum Schulbesuch.
       Einen Rechtsanspruch aufs Deutschlernen hat Son erst seit 2015. In diesem
       Jahr dann hatte die Härtefallkommission abgelehnt, [2][sich mit dem Fall
       erneut zu befassen].
       
       ## Nicht reisefähig
       
       Der sächsische Flüchtlingsrat hat [3][eine Onlinepetition] gestartet, die
       84.000 Menschen unterschrieben haben. Nun soll der neue Antrag Bewegung in
       die Sache bringen. Der Vietnamese Pham Phi Son (65) wohnt seit 1987 in
       Chemnitz. Er hat sein halbes Leben in der Gastronomie gearbeitet. 2016 war
       er länger als die erlaubten sechs Monate in Vietnam im Urlaub. Eine
       rechtzeitige Rückkehr war ihm allerdings unmöglich, weil unter dem
       subtropischen Klima eine alte Kriegsverletzung am Bein wieder aufgeflammt
       war und behandelt werden musste.
       
       Das wurde dem strafrechtlich nie in Erscheinung getretenen Mann zum
       Verhängnis: Ein Jahr später verlor er sein Aufenthaltsrecht, ebenso wie
       seine neu nach Deutschland eingereiste vietnamesische Frau sowie die hier
       geborene Tochter. Die Stadt Chemnitz hatte dafür gesorgt, dass die Familie
       Wohnung und Arbeit verlor.
       
       [4][Der Fall] liegt derzeit bei der Ausländerbehörde Chemnitz zur erneuten
       Entscheidung, nachdem Jenny Fleischer, die Anwältin der Familie, einen
       Antrag auf ein humanitäres Bleiberecht gestellt hat. Doch es scheint, dass
       die Behörde sich nicht bewegt. Dem Antrag hatte Fleischer Arbeitsangebote
       von sächsischen Gastronomiebetrieben beigelegt, die dringend Arbeitskräfte
       benötigen.
       
       Auf einen Rechtsanspruch auf Bleiberecht kann sich die Anwältin nicht
       berufen, die Entscheidung hängt vom Wohlwollen der Ausländerbehörde ab. Auf
       Anfrage der taz lehnt eine Sprecherin der Stadt Chemnitz ein Statement mit
       Verweis auf den Datenschutz ab.
       
       ## Innenministerium hält sich raus
       
       Ein Sprecher des sächsischen Innenministeriums verwies auf Anfrage auf die
       eindeutige Rechtslage. „Sowohl das Verwaltungsgericht Chemnitz als auch das
       Sächsische Oberverwaltungsgericht haben den Bescheid der Stadt Chemnitz
       bestätigt. Hierüber kann und darf sich das Innenministerium nicht
       hinwegsetzen.“ Der Fall könne nur wiederaufgenommen werden, „wenn sich die
       Sach- oder Rechtslage wesentlich zugunsten des Betroffenen ändert.“
       
       Aus einer gut unterrichteten Quelle aus Dresden heißt es, das
       Innenministerium wäre an einer positiven Lösung für die Familie
       interessiert, sollte es mit dem Thema betraut werden. Offiziell bestätigt
       wird das nicht.
       
       3 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Drohende-Abschiebung-in-Sachsen/!5874714
   DIR [2] /Abschiebung-eines-Vertragsarbeiters/!5874082
   DIR [3] https://www.openpetition.de/petition/statistik/nach-35-jahren-in-sachsen-familie-pham-nguyen-muss-bleiben?fbclid=IwAR0lZ9w4Gn6RRYYtlCqWtfaGUQeKG2Pd8eGfoDuJFzAC7U3r1WqpfnISNbs#petition-main
   DIR [4] /Drohende-Abschiebung-in-Sachsen/!5874714
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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