# taz.de -- Madrid belastet Reiche stärker: Vermögenssteuer a la española
> Die Linkskoalition nennt es „Solidaritätssteuer“. Millionäre müssen
> zahlen, Abgaben für Geringverdiener sinken. Aber: Es gibt auch Ausnahmen.
IMG Bild: Straßenszene in Ronda, Andalusien. Die ärmste Region des Landes hatte die Vermögenssteuer vor zwei Wochen abgeschafft
Madrid taz | Spaniens Linkskoalition hat eine [1][Reichensteuer] für
Vermögen über drei Millionen Euro geschaffen. Gleichzeitig werden die
Abgaben für Geringverdiener gesenkt. Die „Solidaritätssteuer“ der Reichen,
wie dies Finanzministerin María Jesús Montero nennt, soll 1,5 Milliarden
Euro jährlich in die Staatskassen bringen, während die Steuersenkung für
Geringverdiener knapp eine Milliarde Euro pro Jahr kostet.
Wer ein [2][Vermögen] von drei bis fünf Millionen Euro sein Eigen nennt,
muss 1,7 Prozent ans Finanzamt abführen; von fünf bis zehn Millionen 2,1
Prozent und darüber 3,5 Prozent. Ausserdem wird die Steuerprogression für
Einkommen aus Kapital angehoben. Wer mit seinem Guthaben jährlich zwischen
200.000 und 300.000 Euro verdient, muss statt bisher 26 künftig 27 Prozent
Einkommensteuer abführen. Über 300.000 Euro sind es 28 Prozent. Die
Besteuerung liegt damit noch immer weit unter dem europäischen Schnitt.
Am anderen Ende der Steuerskala wird entlastet. Personen, die weniger als
18.000 Euro im Jahr verdienen, sollen 746 Euro jährlich weniger zahlen. Wer
unter 15.000 Euro pro Jahr einnimmt, muss überhaupt keine Steuern bezahlen.
Bisher lag dieser Freibetrag bei 14.000 Euro.
## Andalusien hat Vermögenssteuer abgeschafft
In Regionen, in denen bereits eine Steuer auf Kapitaleinkommen und Vermögen
besteht, wird die neue Reichensteuer gegen die dortigen Abgaben
gegengerechnet. „In den meisten Regionen wird die neue Steuer deshalb nicht
fällig“, erklärte Finanzministerin Montero.
Die Idee für die „Solidaritätssteuer“ kam auf, als vor zwei Wochen nach der
Hauptstadtregion Madrid ausgerechnet die ärmste Region des Landes, das
südspanische Andalusien, die Vermögenssteuer abschaffte. „Das wird
Investitionen anziehen, und so die Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung
fördern“, erklärte der Chef der dortigen konservativen Regierungspartei
Partido Popular, Juan Manuel Moreno.
Eine Antwort auf die Frage der Opposition, Gewerkschaften und
Verbraucherverbände, wie er Gesundheits- und Bildungswesen ohne Steuern
verbessern wolle, blieb Moreno bisher schuldig. Er setzt auf den berühmten
Trickle Down-Effekt, also darauf, dass Steuererleichterungen für die
Reichen irgendwann Konsum und Investitionen ankurbeln und damit irgendwann
unten, dort wo Steuern bezahlt werden, ankommen.
In den anderen Regionen stößt die neue Steuerpolitik Andalusiens auf Unmut.
Sie befürchten, dass große Vermögen jetzt nach Madrid mit Andalusien ein
zweites Steuerparadies haben, wohin sie abwandern können. In Madrid ist der
Steuerdruck auf Vermögen und große Erbschaften seit Jahren so gering wie
sonst nirgendwo im Land.
Da die neue Reichensteuer der Zentralregierung nun vor allem in Andalusien
und Madrid fällig wird, will Moreno vor Gericht gehen. „Dies ist eine
anti-andalusische Maßnahme. Es ist ein Angriff auf Andalusien, und die
Leute verstehen das so“, erklärt ein Vertreter der Regionalregierung. Acht
Monate vor den Regional- und Kommunalwahlen und ein Jahr vor den nächsten
Parlamentswahlen stehen Steuerpolitik und Steuergerechtigkeit damit im
Zentrum der politischen Debatte.
30 Sep 2022
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Reiner Wandler
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