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       # taz.de -- Nach den Wahlen in Bulgarien: Neues altes Patt
       
       > Die bürgerliche Partei von Ex-Premier Borissow wird in Bulgarien stärkste
       > Kraft. Aber auch nach dieser Wahl gilt: Eine stabile Mehrheit ist fern.
       
   IMG Bild: Sofia am Sonntag: Auch die vierte Wahl binnen 18 Monaten bringt keine stabile Mehrheit
       
       Berlin taz | Politisches Patt in Bulgarien: Aus der vorgezogenen
       Parlamentswahl am vergangenen Sonntag ist die bürgerliche Oppositionspartei
       Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens (GERB) des früheren
       Ministerpräsidenten Bojko Borissow als Siegerin hervorgegangen. Laut
       offiziellen Angaben erhielt sie 25,3 Prozent der Stimmen.
       
       Mit 20,2 Prozent auf Platz zwei landete die proeuropäische und
       Antikorruptionspartei Wir setzen die Veränderungen fort (PP), die im Zuge
       der Protestbewegung von 2020 ins Leben gerufen worden war. Bis zum
       vergangenen Juli hatte sie den [1][Ministerpräsidenten Kiril Petkow]
       gestellt.
       
       Darüber hinaus werden in der neuen Nationalversammlung mit insgesamt 240
       Abgeordneten noch fünf weitere Parteien vertreten sein: Die Bewegung für
       Rechte und Freiheiten (DPS), die vor allem die Interessen der türkischen
       Minderheit vertritt, kam auf 13,7 Prozent der Stimmen. Die
       ultranationalistische Partei Wiedergeburt erreichte 10,1 Prozent der
       Stimmen, gefolgt von den Sozialisten (BSP) mit 9,3 Prozent. Das liberale
       Bündnis Demokratisches Bulgarien (DB) konnte 7,4 Prozent für sich
       verbuchen.
       
       Neuling im Parlament ist der rechtspopulistische Bulgarische Aufstieg (BW).
       Die Partei war im vergangenen Mai von dem ehemaligen Verteidigungsminister
       Stefan Janew gegründet worden, der sich mit dem früheren
       Ministerpräsidenten Kiril Petkow überworfen hatte. Alle anderen 21 Parteien
       oder Bündnisse scheiterten an der Vierprozenthürde. Die Wahlbeteiligung
       erreichte mit rund 30 Prozent den tiefsten Stand seit 1989.
       
       ## Experten an der Regierung
       
       Die Wahl vom Sonntag ist die vierte innerhalb von nur 18 Monaten. Keine
       hatte stabile Mehrheitsverhältnisse hervorgebracht. Die letzte Regierung,
       eine Viererkoalition, stolperte im vergangenen Juli [2][über ein
       Misstrauensvotum], nachdem sich einer der Koalitionspartner zurückgezogen
       hatte, die populistische Partei „So ein Volk gibt es“ (ITN) des
       Entertainers Slawi Trifonow.
       
       Die ITN hatte den Schritt unter anderem damit begründet, sie wolle keine
       Annäherungspolitik gegenüber dem Nachbarland Nordmazedonien. Seit
       vergangenem August amtiert eine von Präsident Rumen Radew ernannte
       Expertenregierung.
       
       Dieses Szenario könnte erneut drohen. Denn die Regierungsbildung könnte
       sich als schwierig bis unmöglich erweisen. Kiril Petkow, der am Wahlabend
       eine Zusammenarbeit mit der GERB kategorisch ausgeschlossen hatte, fehlt
       ebenso eine eigene Mehrheit. Borjana Dimitrowa von der Agentur Alfa
       Research in Sofia brachte das Dilemma auf den Punkt: „Wünschenswerte
       Koalitionen sind unmöglich, mögliche Koalitionen sind inakzeptabel.“
       
       3 Oct 2022
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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