# taz.de -- Gewalt an der Sharif-Universität: Schaut hin!
> Medien und Politik im Westen begreifen nur schwer, was in Iran geschieht.
> Es wird Zeit, die koloniale Brille abzusetzen und angemessen zu
> berichten.
IMG Bild: Exil-Iraner*innen in aller Welt kämpfen um Aufmerksamkeit für die Massenproteste in Iran
Während die Studierenden der Elite-Universität Sharif in Teheran in der
Nacht auf Montag – eingeschlossen und bedroht von Sicherheitskräften und
den berüchtigten Basidsch-Milizen – um ihr Leben fürchten, treffen sich
rund achttausend Exil-Iraner*innen aus der ganzen Welt in einem
Twitter-Space. Sie fühlen sich hilflos, sie haben Angst, und die Trauer um
die Geschehnisse rund um die Sharif-Universität ist sogar im digitalen Raum
spürbar. Die Frage: Wie können wir den Studierenden in Iran helfen?
Das wichtigste Anliegen der Exil-Iraner*innen: Aufmerksamkeit erzeugen.
Ausländische Politiker*innen und Medien darauf aufmerksam machen, dass
[1][in Teheran ein Massaker an jungen Menschen droht]. In der Hoffnung,
dass das Regime weniger brutal zuschlagen würde, wenn es sich beobachtet
fühlt. Aufmerksamkeit als Verteidigung. Denn obwohl schon seit Stunden
Videos in die Außenwelt dringen, wird in ausländischen Medien kaum darüber
berichtet.
Also werden Tweets verbreitet, Videos geteilt, auf denen zu sehen ist, wie
Sicherheitsbeamte auf Protestierende einprügeln, wahllos in Autos schießen,
auf denen Straßen voller Menschen zu sehen waren, und Eltern, die zur
Universität stürmen, um ihre Kinder zu retten. Die Szenen, die sich an der
Uni abspielten, glichen denen in einem Kriegsgebiet. In den sozialen Medien
verglichen Menschen vor Ort das Vorgehen der Sicherheitskräfte mit der
Brutalität der Terrormiliz Islamischer Staat.
Es hat der stundenlangen Anstrengung tausender Twitter- und
Instagram-Profile und Multiplikator*innen bedurft, bis westliche
Medien überhaupt richtig hinschauen.
Weder in den Medien noch in der Politik scheint die [2][fundamentale
Bedeutung dessen, was gerade in Iran geschieht], gesehen zu werden. Was
sich dort abspielt, ist nicht weniger als eine [3][Revolution im
sogenannten Nahen Osten]: Eine genuine Frauenrechtsbewegung, getragen von
allen Geschlechtern, allen Ethnien, allen Altersgruppen.
Die Werte, für die die Menschen kämpfen, kommen nicht von außen, nicht vom
Westen, denn alle Werte, die ein freies Land braucht, sind bereits da. Es
braucht Kampf, es braucht Willen, es braucht das Wissen, dass man gewinnen
kann gegen die patriarchalen Strukturen.
Und es braucht einen Westen, der die Menschen ernst nimmt, der nicht hofft,
dass die „Unruhen“ wieder vorbeigehen, damit wieder Ruhe im Karton ist.
Einen Westen, der die kolonialistische Brille ablegt, mit der er in diese
Region schaut. Einen Westen, der nicht die Sprache der Unterdrücker
spricht, sondern die Sprache der Unterdrückten versteht. Medien, die sich
ernsthaft mit diesem Land beschäftigen. Denn: The Revolution must be
televised.
4 Oct 2022
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## AUTOREN
DIR Gilda Sahebi
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