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       # taz.de -- Streit um AKW-Verlängerung: Lose-lose-Situation
       
       > FDP und Grüne streiten über AKW-Verlängerungen. Es steht viel auf dem
       > Spiel – und jetzt mischt auch Greta Thunberg in der deutschen Debatte
       > mit.
       
   IMG Bild: Greta Thunberg für AKW? Der Schock ist groß. Wurde einfach nicht zugehört?
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Das grausame Hin und Her im Ukrainekrieg.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Es wird offenbar.
       
       Grüne und FDP streiten sich jetzt schon seit Tagen über eine
       [1][Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke]. Wer wird gewinnen? 
       
       Christian Lindner setzt eher auf „Zwei dürfen verlieren“: „Ich bin über
       meinen finanzpolitischen Schatten schon milliardenmal gesprungen“, tunkt er
       sich noch mal ins vergiftete Lob. Ihm gehe es „nicht um Parteipolitik“,
       sondern darum, „Schaden von unserem Land abzuwenden“. Vulgo: Wenn die FDP
       als Schuldenpartei jede Wahl verliert, mögen sich doch auch die Grünen als
       Atompartei blamieren. Das ist eine Lose-lose-Situation. So verständlich wie
       parteipolitisch gedacht und schädlich fürs Land. Deal könnte werden, dass
       Laufzeiten nicht verlängert, neue Brennstäbe jedoch optioniert werden. Man
       bestellt schon mal Sprit für das Auto, das man verschrottet.
       
       Die EU will diesen Montag Sanktionen gegen den Iran beschließen. Können
       Sanktionen den Protestierenden helfen? 
       
       Ja gerne. Kommt ein Iran zum Arzt und sagt: Ich hab Sanktionen. Schläft der
       Arzt ein. Das Regime dürfte an der Stelle zu den austrainiertesten der Welt
       zählen. Rings um das Atomabkommen wird es sein Öl nicht mehr los, kann
       keine westliche Technologie kaufen oder auf Investitionen hoffen. Dagegen
       wirken Strafen gegen Einzelpersonen und Organisationen, die die EU
       verkünden wird, klein und stumpf. Noch versucht Europa, das Atomabkommen zu
       retten, schon muss es sich vor moralischer Blamage schützen. Parlamentär
       und Partei in einem ist heikel. Irans Präsident Raisi möchte „den Status
       der Frauen stärker in den Fokus rücken“, was ja bereits eindrucksvoll
       gelungen ist. Frei übersetzt: „Frauen – gibt’s auch.“ Eskalation ist
       weltweit derzeit keine Marktlücke, Europa könnte sich in der Nische
       Entspannung versuchen.
       
       Jan Böhmermann hat mögliche Kontakte des BSI-Chefs Arne Schönbohm mit dem
       russischen Geheimdienst aufgedeckt. Ist seine Late Night Show das bessere
       Investigativressort? 
       
       Jedenfalls ist der Weg kürzer, als in „Monitor“ eine
       „Kennsedenschon“-Rubrik einzurichten.
       
       Greta Thunberg hat sich für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke in
       Deutschland ausgesprochen. Sind junge Menschen zu naiv im Umgang mit
       Atomkraft? 
       
       Thunberg schrieb bereits 2019, Kernenergie könne „ein kleiner Teil einer
       neuen kohlenstofffreien Lösung“ sein, den sie persönlich allerdings
       ablehne. Der Ball lag also auf dem Elfer und wurde vorige Woche medial
       souverän verwandelt. Die Überraschung ist nicht Thunbergs Position, sondern
       wie auenlandtypisch man sich diese Position wegmeditiert hat.
       
       Die [2][Coronazahlen steigen wieder rasant]. Welche Pläne haben Sie für
       diesen Winter, falls es wieder in die Isolation geht? 
       
       Pleitegehen?
       
       Gewerkschaften fordern mehr Geld für den öffentlichen Dienst. Ökonomen
       warnen vor dem daraus resultierenden Anstieg der Inflation. Wen bedrohen
       höhere Gehälter für Arbeitnehmer wirklich: die Gesellschaft oder nur die
       Arbeitgeber? 
       
       Ja, irgendwo müssen wir doch mal anfangen! Die Spaltung der Gesellschaft
       ist munter fürbass geschritten in guten Zeiten. Jetzt wird auch noch der
       Rohstoff Arbeit teurer in schlechten. Nehmen wir die Zuversicht mit: In der
       nächsten Konjunktur gibt’s wieder schicke Argumente gegen Lohnerhöhungen.
       Dann also jetzt so. Der Rest ist reine Chaostheorie: Mehr Lohn = mehr
       Kaufkraft = mehr Inflation = mehr Weltuntergang. Dann lieber vorher noch
       mal Kühlschrank voll.
       
       Das 9-Euro-Ticket kommt zurück. [3][Es ist jetzt 40 Euro teurer]. Welcher
       Anarcho ist denn bereit, sich Sylt für 49 Euro anzutun? 
       
       Das Ticket wird nun immerhin billiger als manche Tarife, die eh schon am
       Markt sind. Mengenmäßig wird es die Inflation kaum dämpfen und die
       Klimaprobleme nicht lösen. Jedoch den ÖPNV stärken und einen Hauch sozialen
       Ausgleichs schaffen. Und, auch wenn der Gedanke frivol scheint: noch da
       sein, wenn die Krisen weg sind.
       
       Das Berghain wird angeblich dieses Jahr schließen. Wo stehen Sie dann
       Schlange? 
       
       Na ja, dafür isses dann Legende. Das Moka Efti in der 400ten Staffel
       „Babylon Berlin“ ca. 2100 bei SKY und ARD.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Topspiel Erster gegen Siebter, BVB und Union – hätte ich geglaubt vor der
       Saison. Nicht in der Reihenfolge. Fragen: Alexandra Hilpert, Daniel Schütz
       
       Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und findet die vierte
       Staffel von „Babylon Berlin“ wieder gut
       
       16 Oct 2022
       
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