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       # taz.de -- Wunderkind im Basketball: Verlieren für den Besten
       
       > Die NBA-Saison beginnt gerade. Doch schon wird über die nächste Spielzeit
       > gesprochen. Ein Supertalent aus Frankreich ist dann im Angebot.
       
   IMG Bild: Beeindruckende Spannweite: Supertalent Victor Wembanyama
       
       Ist er „ein Einhorn“? Hat er „das Potenzial, zum besten Basketballspieler
       aller Zeiten“ zu werden? Oder nur „das größte Talent seit LeBron James“?
       Besagter LeBron hält ihn übrigens für „einen Außerirdischen“. [1][Giannis
       Antetokounmpo], der aktuell wohl beste Basketballspieler des Planeten,
       findet, „er kann einer der besten Spieler aller Zeiten werden“. Und der
       auch nicht ganz schlechte Kollege Stephen Curry hat das Gefühl, da wurde
       jemand „speziell für ein Computerspiel generiert“.
       
       Die Rede ist von Victor Wembanyama. Der 18-jährige Franzose ist 2,20 Meter
       groß, aber geht mit dem Ball um wie ein Aufbauspieler. Er kann dribbeln,
       aber auch gegnerische Würfe blocken. Er muss kaum vom Boden abheben, um den
       Ball zu dunken, versenkt aber trotzdem routinemäßig Distanzwürfe. Er ist
       ein Phänomen, wie es die Basketballwelt selten gesehen hat.
       
       Deshalb spielt Wembanyama in der neuen Saison der NBA, die eben begonnen
       hat, eine gewichtige Rolle, obwohl er gar nicht in der NBA spielt. Noch
       nicht. Denn eins scheint sicher: Sollte sich der in einem Pariser Vorort
       aufgewachsene Wembanyama nicht verletzen, wird er beim [2][NBA-Draft im
       nächsten Sommer] als erster Spieler ausgewählt werden.
       
       Ist Wembanyama tatsächlich so gut wie erwartet, könnte der Klub, der das
       Glück hat, ihn zu bekommen, um ihn herum eine Erfolgsmannschaft aufbauen –
       und natürlich auch ein gutes Geschäft. Der Hype um Wembanyama, so
       [3][befand das Wirtschaftsmagazin Forbes], hat deshalb mittlerweile
       „nahezu unvernünftige Ausmaße angenommen“.
       
       ## Die Verlockung zu verlieren
       
       Aber um das Wunderkind zu bekommen, muss dieser Klub in dieser Saison
       schlecht sein. Sehr schlecht, denn je weniger Spiele ein Team in dieser
       Saison gewinnt, desto besser sind die Chancen bei der Verlosung der besten
       Draft-Plätze im kommenden Mai. Um die Liga ausgeglichen zu halten, gehen
       die besten Talente an Teams, die in der Vorsaison nicht mithalten können.
       Die Verlockung, absichtlich zu verlieren, um die Chancen auf Wembanyama zu
       erhöhen, ist dermaßen groß, dass Adam Silver bereits eine Warnung
       aussprach. Er geht davon aus, dass alle Teams sich anstrengen werden in der
       laufenden Spielzeit, sagte der NBA-Boss, „aber ich weiß, dass sich einige
       schon die Finger lecken bei der Aussicht, ihn zu bekommen“.
       
       Silver sagte auch, dass Wembanyama „alle Attribute hat, das Spiel radikal
       zu verändern“. Dass diese Aussichten berechtigt sind, bewies der Gelobte
       Anfang Oktober in Las Vegas. Seine Mannschaft, der französische Erstligist
       Metropolitans 92, absolvierte zwei Vorbereitungsspiele gegen ein Team aus
       hoffnungsvollen Talenten, die vor dem Sprung in die NBA stehen. Kaum ein
       NBA-Scout ließ es sich nehmen, Wembanyama zu begutachten.
       
       Und der lieferte. Der spindeldürre Riese reboundete und blockte, verteilte
       sensationelle Pässe und traf aus allen Lagen. Anschließend gab es viele
       Vergleiche, angesichts seiner schmalen Statur, Geschmeidigkeit und Größe
       vor allem mit Kevin Durant – der ist allerdings noch mal 12 Zentimeter
       kleiner. „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so groß ist und sich
       trotzdem so flüssig und elegant bewegt“, befand LeBron James.
       
       Nun wird allerseits schon lustig spekuliert, wer denn die Mannschaften sein
       könnten, die sich am Schneckenrennen um Wembanyama beteiligen könnten.
       Offensichtliche Kandidaten sind die Utah Jazz, die über den Sommer mit
       Donovan Mitchell und Rudy Gobert ihre beiden besten Spieler abgegeben
       haben, sowie die Houston Rockets und die Oklahoma City Thunder, die sich
       beide seit Jahren im Neuaufbau befinden. Auch Gregg Popovich, legendärer
       Trainer der San Antonio Spurs, ließ unlängst wissen: „Ich sollte das
       vielleicht nicht sagen, aber ich sage es trotzdem: Niemand sollte darauf
       wetten, dass wir Meister werden.“
       
       So kommt es, dass der bereits sehr gut Englisch sprechende Wembanyama ein
       neues Wort gelernt hat: „to tank“ heißt nach Wörterbuch so viel wie
       „Schiffbruch erleiden“ und wird in der NBA als Synonym für das absichtliche
       Verlieren benutzt. „Es ist ein Wort mit einer seltsamen Bedeutung“, sagte
       Wembanyama nach seinen beeindruckenden Auftritten in Las Vegas, „und ich
       persönlich will niemals verlieren.“ Er nicht, aber seine zukünftige
       Mannschaft sehr wahrscheinlich schon.
       
       19 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-NBA-auf-weltweitem-Eroberungszug/!5739583
   DIR [2] /NBA-Draft/!5859623
   DIR [3] https://www.forbes.com/sites/adamzagoria/2022/10/06/18-year-old-frenchman-victor-wembanyama-being-hailed-as-the-single-greatest-prospect-in-nba-history/?sh=74349e3a4645
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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