# taz.de -- Abgeordnetenhaus: Wahlkampf geht immer
> Im Parlament findet die SPD selbst beim wenig strittigen Thema von in der
> Krise drohender Wohnungslosigkeit einen Weg, gegen die Grünen zu
> sticheln.
IMG Bild: Da waren es noch zwei – doch jetzt will die SPD das 29-Euro-Ticket allein erfunden haben
Berlin taz | Da kann die grüne Vize-Regierungschefin Bettina Jarasch im
Abgeordnetenhaus nur noch lächelnd den Kopf schütteln. Gerade hat es ein
Redner der SPD geschafft, das 29-Euro-Ticket, [1][von Jarasch entscheidend
mitentwickelt], als „von der SPD durchgesetzt“ allein seiner Partei
zuzuordnen. Wenig später wird er die SPD auch noch für die Mobilitätswende
loben und sagen, dafür brauche man „keine City-Maut und keine Fahrverbote“
– alte Anliegen der Grünen.
Das Urteil zur Wahlwiederholung steht erst in vier Wochen an, doch
Wahlkampf und gegenseitige Abgrenzung sind in der rot-grün-roten Koalition
längst im Gange. Das Skurrile: In der Debatte ging es gar nicht um Verkehr,
sondern um drohende Wohnungslosigkeit wegen der ausufernden Energiepreise.
Am 16. November will das Verfassungsgericht offiziell verkünden, wovon seit
seiner mündlichen Verhandlung Ende September fest auszugehen ist: Dass es
wegen der Wahlpannen vor einem Jahr zu einer Wahlwiederholung kommt,
[2][mutmaßlich am 12. Februar 2023]. Seit jener Verhandlung geloben die
Koalitionspartner einen fairen Umgang miteinander. Tenor: Wahlkampfgetöse
dürfe nicht das gemeinsame Anliegen behindern, Berlin und seine Menschen
sicher durch einen krisenbeladenen Winter zu bringen.
Tatsächlich aber deutet wenig darauf hin, dass sich die Parteien – und auch
die aktuellen Regierungspartner – in den kommenden Monaten weniger als vor
normalen Wahlen beharken werden. Das geht nicht allein von der SPD aus.
Noch am Nachmittag der Gerichtsverhandlung stellte [3][die
Grünen-Landesspitze in einer Presseerklärung] fest: „Berlin hat eine
Führung verdient, die diese Stadt fit für die Zukunft macht.“ Was kaum
anders zu verstehen war als: eben nicht die bisherige Führung mit
SPD-Parteibuch.
Die Linke wiederum setzt in der Parlamentssitzung ihre Fehde mit
SPD-Innensenatorin Iris Spranger fort. Die hatte sich am Montag darüber
empört, dass die Linke der Berliner Polizei ein „Riesenrassismusproblem“
attestierte. Erneut warnt Spranger vor Verallgemeinerungen, nachdem eine
neue Chatgruppe mit rassistischen Inhalten bekannt geworden ist.
Gut drei Wochen lang soll nun solche koalitionsinterne Abgrenzung und
Profilierung in Ausschüssen und Plenum nicht mehr vorkommen: So lange ist
wegen der Herbstferien Sitzungspause im Parlament.
20 Oct 2022
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## AUTOREN
DIR Stefan Alberti
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