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       # taz.de -- Im Konflikt mit dem Elefantenkühlschrank: 2:0 für die Technik
       
       > Der Kühlschrank piept und der Fahrassistent fährt seine eigenen Wege.
       > Technik, die den Alltag erleichtern soll – aber zu oft das Gegenteil tut.
       
   IMG Bild: Sieht so harmlos aus – ist aber auch smarte Heimtechnik, nämlich Amazons Echo
       
       Irgendwo im Süden Frankreichs wurde es ungemütlich. Nicht wegen des am
       Horizont aufziehenden Gewitters oder der Serpentinenübelkeit. Sondern wegen
       des Spurhalteassistenten. Die Straße in dem dünn besiedelten Gebiet war
       schmal und einspurig, aber in beide Richtungen zu befahren. Näherte sich
       ein anderes Auto, musste man eben so weit nach rechts driften wie nötig.
       
       Das Problem: Der Spurhalteassistent des Mietwagens war da anderer Ansicht.
       Also: Gegenverkehr kommt, lenken nach rechts – der Spurhalteassistent hält
       dagegen. Der Gegenüber hupt, stärkeres Lenken nach rechts, das Lenkrad gibt
       tatsächlich nach – doch vom Armaturenbrett her piept es wild.
       
       Willkommen in der Welt, in der uns technische Assistenten das Leben
       erleichtern, es sicherer und angenehmer machen sollen. In der Sensoren und
       manchmal sogar Kameras an und in Elektronikgeräten permanent die Umgebung
       scannen auf diese eine, alles entscheidende Frage: Ist alles genau so, wie
       es sein soll? Also genau so, wie die Menschen, die dieses Gerät konzipiert
       haben, sich die Welt vorstellen?
       
       Der hartnäckige Spurhalteassistent ist kein Einzelfall. In der Küche einer
       befreundeten Familie steht ein Kühlschrank von der Größe eines kleinen
       Elefanten. Vier Leute, viele Gäste, riesiger Wocheneinkauf. Entsprechend
       lange dauert es, Gemüse und Milch, Käse und Ketchup, Aufstriche und Eier in
       den Tiefen des Geräts zu verstauen.
       
       Leider scheint der Kühlschrank an einer Wahrnehmungsstörung zu leiden: Sich
       seiner Elefantenausmaße nicht bewusst, hält er sich für die Minibar eines
       Hotelzimmers, bei deren Öffnung nur die Wahl zwischen Erdnüssen mit und
       ohne [1][Schokoüberzug] bleibt. Jedenfalls: Der Elefantenkühlschrank piept.
       Gut, man könnte sagen, immerhin trötet er nicht, da haben die
       Entwickler:innen doch schon mal was richtig gemacht. Aber er piept,
       nachdem er etwa eine halbe Minute offen stand.
       
       Klar, das soll ein Service sein, der Nutzer:innen darauf hinweist, dass
       sie vergessen haben, die Kühlschranktür zu schließen und demnächst ihre
       Stromrechnung zum Explodieren bringen werden. Für alle, die in dieser Zeit
       gerade mal ein Viertel des Einkaufs eingeräumt haben, trägt dieses Extra
       allerdings nicht gerade zu einem guten Verhältnis zwischen Mensch und
       Technik bei.
       
       Dabei wäre die Lösung so einfach: ein Aus-Knopf. Der Fahrassistent fährt
       seine eigenen Wege? Der Herd findet, auf der Fläche zwischen den
       Kochplatten darf nichts stehen und die smarte Waschmaschine hätte gerne
       mehr Waschmittel? Aus, aus, aus. Die ganzen Sensoren und Warntöne dürfen
       gerne an anderen Stellen nerven. Bei [2][LKWs vor dem Abbiegevorgang]
       beispielsweise.
       
       Aber was passiert stattdessen? Die Nutzer:innen müssen sich irgendwie
       arrangieren – und suchen dafür Tricks. Kühlschrank schließen, wieder auf?
       Aha, dann gibt er erst mal Ruhe. Und in Südfrankreich ließ sich der
       Spurhalteassistent durch vorheriges Abbremsen besänftigen. 2:0 für die
       Technik. Mal wieder.
       
       10 Oct 2022
       
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