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       # taz.de -- Berliner Wahlchaos und Sabotage der Volks-Ini: Genug Schaden angerichtet
       
       > Erst hat Senator Geisel das Enteignungs-Volksbegehren verschleppt, jetzt
       > verantwortet er auch noch das Wahldebakel. Er sollte die Konsequenz
       > ziehen.
       
   IMG Bild: 441 Tage hielt der damalige SPD-Innensenator das Volksbegehren in Geiselhaft
       
       Andreas Geisel ist nicht mehr tragbar. Der SPD-Politiker ist als ehemaliger
       Innensenator nicht nur politisch verantwortlich für das Wahldebakel von
       Berlin, sondern sabotierte auch als amtierender Bausenator bis zuletzt das
       direktdemokratische und erfolgreiche Volksbegehren Deutschen Wohnen und Co.
       Enteignen.
       
       Dass Geisel in der vergangenen Legislatur die rechtliche Prüfung des
       Volksbegehrens auf ganze 441 Tage ausdehnte, geschah offenbar mit voller
       Absicht – wie schon lange von Aktiven des Volksbegehrens vermutet wurde.
       Das haben diese Woche via dem Transparenzportal Fragdenstaat.de
       veröffentlichte [1][interne Mails und Vermerke] aus der Innenverwaltung
       unter Geisel erneut nahe gelegt.
       
       In denen heißt es, nachdem die Volksinitiative die Verwaltung wegen der
       Verschleppung verklagte, beziehungsweise mit einer Klage drohte: „Die
       bisherige Dauer der Zulässigkeitsprüfung dürfte vom Verfassungsgerichtshof
       mit dem von ihm ausdrücklich ausgesprochenen Gebot der unverzüglichen und
       beschleunigten Bearbeitung als eher nicht zu vereinbaren angesehen werden.“
       
       Sollte die Klage zugelassen werden, wäre sie mit hoher Wahrscheinlichkeit
       begründet, argumentiert ein Mitarbeiter der Verwaltung. In einer Mail wird
       er noch deutlicher: „Sollte die Klage zulässig sein, hätten wir keine
       Chance“, heißt es dort. Auch Geisels Staatssekretär Torsten Akmann war
       informiert. Weiter verschleppt wurde dennoch: Es dauerte noch vier weitere
       Monate, bis das Volksbegehren für zulässig erklärt wurde.
       
       ## „Wissentlich rechtswidrig“
       
       Die Initiative wertete die lange Prüfung des Volksbegehrens unter diesem
       Licht als [2][„wissentlich rechtswidriges“ Verwaltungshandeln], während
       Geisels Sprecher das tat, was er dieser Tage immer tut – die
       [3][Verantwortung dafür abweisen].
       
       Wenn wir schon mal dabei sind: Wie wäre es denn, wenn Geisel tatsächlich
       mal seine Verantwortung abgibt, wenn er für nichts verantwortlich sein
       will?
       
       Wohlwollend könnte man die ignorierten Alarmzeichen beim Debakel der
       Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl eventuell noch mit Blauäugigkeit und
       Bräsigkeit erklären. Und sicher haben auch die Landeswahlleitung sowie die
       Fehlplanung des gleichzeitig stattfindenden Marathons erheblichen Anteil am
       Wahldebakel – auch wenn Geisel seit [4][2017 Missstände in der
       Wahlorganisation] bekannt waren.
       
       Aber die bewusste Sabotage eines direktdemokratischen und rechtlich
       zulässigen Anliegens ist ein bewusstes Untergraben der Demokratie und
       sollte für einen Volksvertreter den Rücktritt nach sich ziehen – zumal
       später deutlich über die Hälfte der Berliner*innen für eine
       gemeinwohlorientierte Vergesellschaftung großer privater Wohnkonzernte
       stimmten.
       
       Aus Sicht der Mieter*innen und der Volksinitiative für
       Vergesellschaftung ist der vom Geisel angerichtete Schaden so oder so
       maximal: Erst verzögerte er als Innensenator die rechtliche Prüfung bis zur
       Schmerzgrenze, im jetzigen Senat bekämpfte er zusammen mit Franziska Giffey
       als Bausenator weiter die Umsetzung des erfolgreichen Volksbegehrens: Die
       Enteignungs-Kommission agiert entgegen der Koalitionsvereinbarungen
       deutlich intransparent.
       
       Und nun ist Geisel auch noch verantwortlich dafür, dass diese ohnehin schon
       fragwürdige Kommissionsarbeit womöglich nicht zum Ende kommt, weil vorher
       ein neuer Senat gewählt werden muss. Was das für die Umsetzung des
       Volksbegehrens heißt, ist derzeit noch maximal ungewiss. Eines scheint
       jedenfalls klar: Geisel hat genug Schaden angerichtet und sollte gehen.
       
       8 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://fragdenstaat.de/anfrage/detaillierte-darlegung-der-rechtlichen-prufung-des-berliner-volksbegehren-deutsche-wohen-co-enteignen/715922/anhang/gerichtsverfahren.pdf
   DIR [2] /DW-Enteignen-fordert-Geisel-Ruecktritt/!5882439
   DIR [3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/wissentlich-rechtswidrig-deutsche-wohnen-und-co-enteignen-fordert-rucktritt-von-senator-geisel-8714515.html
   DIR [4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/druck-auf-berliner-senator-wachst-geisel-wurde-bereits-2017-uber-probleme-bei-wahlorganisation-informiert-8703607.html
       
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