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       # taz.de -- Deutscher Umgang mit Gewalt in Iran: Reden, aber nicht abschieben
       
       > Die Menschenrechtsbeauftragte Amtsberg steht für weitere diplomatische
       > Beziehungen mit dem Iran. Innenministerin Faeser fordert einen
       > Abschiebestopp.
       
   IMG Bild: Nach dem Mord an Mahsa Amini, Protest in Berlin gegen das Regime in Iran
       
       Berlin taz | Mit immer größerer Gewalt geht das Regime im Iran gegen die
       Proteste der Zivilbevölkerung nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini
       vor. Nun hat die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise
       Amtsberg, sich dagegen ausgesprochen, die diplomatischen Beziehungen zu dem
       Land zu beenden. Es habe „bisher nie dazu geführt, dass die Menschenrechte
       gewahrt oder eingehalten wurden, wenn man sich zurückgezogen hat“, sagte
       die Grünen-Politikerin am Freitag [1][im Deutschlandfunk].
       
       Vielmehr werde die ohnehin schon schlechte Informationslage noch dünner.
       Auch sei die deutsche Botschaft in Kabul „Ansprechpartner und Zufluchtsort“
       etwa für afghanische Flüchtlinge im Iran – das falle weg, wenn man den
       Botschafter abziehe. „Ich finde aber trotzdem, dass es richtig ist, weiter
       zu diskutieren, welche Möglichkeiten des Drucks man hat“, sagte Amtsberg.
       
       Amtsberg verteidigte den Kurs der Bundesregierung gegenübr dem Regime im
       Iran. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sei eine „Treiberin der
       Bemühungen um weitere Sanktionen“ und sie sei zuversichtlich, dass diese
       auf EU-Ebene in der kommenden Woche beschlossen werden könnten, so
       Amtsberg.
       
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich derweil für einen
       Abschiebestopp in den Iran ausgesprochen. „Abschiebungen in den Iran sind
       in der aktuellen desaströsen Menschenrechtslage nicht verantwortbar“,
       [2][sagte Faeser dem Spiegel]. „Ein Abschiebestopp ist der richtige
       Schritt, über den die Länder schnellstmöglich entscheiden sollten.“
       
       ## Niedersachsen geht voran
       
       Im Iran lehnten sich gerade junge Frauen „mit unfassbarem Mut gegen die
       Gewalt- und Unterdrückungsherrschaft auf“. Sie riskierten ihr Leben im
       Kampf für Freiheit. „Alles, was wir hierzulande zum Schutz der mutigen
       iranischen Zivilgesellschaft tun können, müssen wir tun“, sagte Faeser
       weiter.
       
       Die Entscheidung über einen Abschiebestopp liegt allerdings nicht bei der
       Bundesregierung, sondern in den Ländern. Kurz vor Faesers Äußerugnen hatte
       mit Niedersachsen ein erstes Land verkündet, Abschiebungen in den Iran
       auszusetzen. Auch will das Bundesland bei der nächsten
       Innenministerkonferenz für einen allgemeinen Abschiebestopp werben.
       
       Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte
       fordern einen solchen [3][Abschiebestopp schon seit Ende September].
       Niedersachsen gehe mit gutem Beispiel voran, erklärten die Organisationen
       nun und forderten die restlichen Bundesländer auf, es dem Land gleichzutun.
       
       ## Nicht nur Worte
       
       „Das Regime im Iran zeigt weiterhin, wie menschenverachtend und brutal es
       ist. Auf Protestierende wird geschossen, sie werden verschleppt und
       inhaftiert, gefoltert und getötet“, sagte Nazanin Ghafouri vom
       Flüchtlingsrat Bremen. „Es reicht nicht, dass sich sämtliche
       Politik*innen mit den mutigen Menschen im Iran und Ostkurdistan
       solidarisieren. Sie müssen auch konkret dafür sorgen, dass niemand diesem
       Regime durch Abschiebung ausgeliefert wird.“
       
       Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt [4][begrüßte auf Facebook
       Faesers an die Bundesländer] gerichtete Forderung nach einem Abschiebestopp
       – verwies aber auch darauf, dass „perspektivisch“ der Koalitionsvertrag
       umgesetzt werden müsse. Darin haben SPD, Grüne und FDP erklärt: „Wir
       streben an, dass die zuständige oberste Bundesbehörde für einzelne
       Herkunftsländer einen temporären nationalen Abschiebestopp erlassen kann.“
       
       Seit Mitte September demonstrieren überall im Iran Menschen gegen die
       Regierung. Auslöser war der Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie wurde
       wegen eines angeblich nicht richtig sitzenden Kopftuchs von der sogenannten
       Sittenpolizei verhaftet und mutmaßlich misshandelt. Die 22-Jährige fiel ins
       Koma und starb im Krankenhaus. Die Sicherheitsbehörden gehen mit großer
       Gewalt gegen die Proteste vor. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty
       International berichtet von bislang [5][mehr als 130 Toten, deren Namen man
       habe ermitteln können].
       
       7 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.deutschlandfunk.de/gewalt-in-iran-int-luise-amtsberg-b90-die-gruenen-menschenrechtsbeauftragte-dlf-5ae4782d-100.html
   DIR [2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gewalt-in-iran-faeser-fordert-laender-zu-abschiebestopp-auf-a-288e1bd0-cfe7-4b1b-a605-b704f66b98e6
   DIR [3] /Reaktion-auf-die-Proteste-in-Iran/!5880142
   DIR [4] https://www.facebook.com/ErikMarquardtde/posts/pfbid0oZaKxaQ4dF91sGjgjRzku4ec2AE7vtMqWRq1rLJ6x5sjSPqEe6cC8NTzXPh8Gvthl
   DIR [5] https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/iran-82-tote-bei-blutiger-niederschlagung-der-proteste-sistan-belutschistan
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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