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       # taz.de -- Mutmaßlich rechte Gewalt in Hoyerswerda: Ukrainische Geflüchtete angegriffen
       
       > Am Freitag attackierten Jugendliche eine Gruppe ukrainischer Frauen in
       > Hoyerswerda. Auch ein Thüringer CDU-Landrat zeigte eine problematische
       > Haltung gegenüber Geflüchteten.
       
   IMG Bild: Angriff auf ukrainische Geflüchtete: das abgebrannte Hotel in Groß Strömkendorf am 21. Oktober
       
       Berlin taz | Im sächsischen Hoyerswerda wurden vier junge ukrainische
       Frauen von einer Gruppe Jugendlicher rassistisch beschimpft und körperlich
       attackiert. Zwei der Mädchen seien leicht verletzt worden. Obwohl der
       Angriff bereits am vergangenen Freitagabend geschah, wurden Details erst am
       späten Montagabend bekannt.
       
       Einige der Täter seien direkt nach der Attacke von der Polizei erfasst
       worden, klar sei aber noch nicht, ob bereits alle Täter erfasst wurden und
       nach welchem Motiv sie handelten, so Kay Anders, Pressesprecher des
       Landeskriminalamts gegenüber der taz. Man habe einen Zeugenaufruf
       veröffentlicht und „erhofft sich Aufklärung durch die Bevölkerung“.
       
       Die Sozialpsychologin und Expertin für Verschwörungsideologien Pia Lamberty
       verwies in einem Gespräch mit der taz auf den weiteren Kontext „rechter
       Stimmungsmache gegen Geflüchtete“. Der Überfall in Hoyerswerda fügt sich
       ein in eine Reihe mutmaßlich [1][rassistisch motivierter Anschläge] und
       politischer Mobilisierung gegen ukrainische Geflüchtete der letzten Wochen.
       
       Nach einem Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Groß
       Strömkendorf am 20. Oktober ermittelt die Polizei weiterhin. Bereits jetzt
       wird allerdings von einem politischen Motiv ausgegangen, nicht zuletzt weil
       einige Tage vor der Brandstiftung ein Hakenkreuz auf die Unterkunft
       geschmiert wurde. Es war dieser Brandanschlag, nach welchem die
       SPD-Vorsitzende Saskia Esken den CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte. Mit
       seinen Unterstellungen, [2][ukrainische Geflüchtete seien in Deutschland
       Sozialtouristen], habe Merz einen Anteil an „Hass und Hetze, die später in
       Gewalt mündet“, so Esken.
       
       ## Rassismus von CDU-Landrat
       
       Merz ist allerdings keine Ausnahme in der Partei. Auch der Eichsfelder
       Landrat Werner Henning (CDU), der am 24. Oktober den geplanten Mietvertrag
       für eine leer stehende und beheizbare Halle als Geflüchtetenunterkunft
       zurückzog, fiel mit einer problematischen Haltung gegenüber Geflüchteten
       auf.
       
       Bevor die Pläne abgeblasen wurden, verkündete der Landrat in einem
       Pressestatement, man bemühe sich, „in der in Leinefelde angemieteten Halle
       nur solche Menschen dort unterzubringen, welche ein der hiesigen Kultur
       entsprechendes Verhalten erwarten lassen“. Auf eine Anfrage der taz,
       welches Verhalten damit ein- beziehungsweise ausgeschlossen werde,
       reagierte der Landrat bisher nicht.
       
       Kurze Zeit nach dem Pressestatement führte Henning „Drohungen und heftige
       Reaktionen in der Öffentlichkeit“ als Grund für den zurückgezogenen
       Mietvertrag ins Feld. Da man Angriffe auf Geflüchtete somit nicht
       ausschließen könne, verkündete der Landrat einen Aufnahmestopp für
       ukrainische Geflüchtete.
       
       Es ist diese Wechselwirkung zwischen einer abweisenden Haltung gegen
       Geflüchteten der konservativen Mitte und rechtsextremen Mobilisierungen,
       die für Lamberty besonders besorgniserregend ist. „Wenn die CDU ein Bild
       von Geflüchteten verbreitet, die im absoluten Luxus leben würden, dann
       werden Fluchtursachen komplett ausgeblendet, und Empathie spielt keine
       Rolle mehr.“ Durch diese Aufwertung rassistischer Stimmungen durch die
       Mitte der Gesellschaft würden auch rechtsextreme Aktionen und
       Mobilisierungen bestärkt, so die Sozialpsychologin. „Da brodelt es gerade
       richtig.“
       
       ## Eskalation der Gewalt
       
       Beobachtet man die Teilnehmer:innenzahlen der [3][rechten
       Montagsdemonstrationen im Osten], so ist ein leichter Rückgang zu erkennen:
       Nach Polizeiangaben kamen Ende September knapp 100.000 Demonstrierende
       zusammen, am 23. Oktober waren es 70.000 Menschen. „Die Größe der Proteste
       scheint momentan zurückzugehen, was nicht heißt, dass sie weniger
       gefährlich sind“, schätzt Lamberty die Lage ein. Teilweise lasse sich
       beobachten, dass kleinere Proteste mehr Aggressionspotenzial aufweisen,
       denn „diejenigen, die bleiben, sind oft besonders stark ideologisiert“.
       
       Auch sei ein kurzzeitiger Rückgang der Teilnehmerzahlen während der
       Herbstferien nicht als Entwarnung zu werten: „Die Netzwerke sind da und
       können jederzeit reaktiviert werden“, so Lamberty. Laut der
       Sozialpsychologin sei auch die Attacke in Hoyerswerda als eine Eskalation
       der Gewalt zu bewerten, „wenn bereits Jugendliche meinen, eine Gruppe
       junger Kriegsgeflüchteter attackieren zu müssen“.
       
       Rassistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete sei auch in der Mobilisierung
       der AfD in den letzten Monaten stärker in den Vordergrund gerückt,
       beobachtet Lamberty: „Zuvor wurde noch stärker auf das Thema Energie und
       Wirtschaft gesetzt und gegen die Russlandsanktionen mobilisiert.“
       Mittlerweile werden besonders Geflüchtete für die aktuelle politische Lage
       verantwortlich gemacht.
       
       Lamberty fordert, dass Kommunen frühzeitig vom Staat Unterstützung
       erfahren, um Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Nachdem Dresden bereits
       vor einigen Wochen einen Stopp der Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten
       verkündete, zogen Halle, Magdeburg und Gera Anfang Oktober nach – andere
       Städte und Kommunen sind eigenen Angaben nach am Kapazitätslimit. Doch
       rechte Hetze sei eine rote Linie, und PolitikerInnen müssten die auch
       ziehen, so Lamberty.
       
       26 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tatjana Söding
       
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