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       # taz.de -- Anschlag in der Slowakei: LGBTIQ-Bar wird zur Todesfalle
       
       > Ein 19-Jähriger schießt in der slowakischen Hauptstadt Bratislava um sich
       > und tötet zwei Menschen. Die Behörden gehen von einem Hassverbrechen aus.
       
   IMG Bild: Bratislava, 13. Oktober: Blumen am Tatort
       
       Prag taz | Der Angriff war wohl geplant, die Opfer nur zufällig. Matuš und
       Juraj mussten sterben, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren:
       sie standen vor der beliebten [1][Schwulenbar Teplaren] im Zentrum der
       slowakischen Hauptstadt Bratislava, als der Angreifer am Mittwochabend das
       Feuer eröffnete. Matuš, Kellner in dem bekannten [2][LGBTIQ]-Treffpunkt,
       und Juraj, Student der Comenius-Universität, waren sofort tot. Eine weitere
       Angestellte der Bar wurde verletzt. Laut Zeugen soll der Täter rund zehn
       Schüsse wahllos abgefeuert haben.
       
       Nichts deutet darauf hin, dass der Täter seine Opfer kannte, so Polizei und
       Oberstaatsanwalt Daniel Lipsik. Die Behörden gehen von einem Hassverbrechen
       aus. „Wie es scheint, haben wir hier unseren ersten Fall von rechtsextremem
       Terror in der Slowakei“, so der Staatsanwalt in einer Pressekonferenz am
       Donnerstag.
       
       Auch Ministerpräsident Lubomir Heger und Präsidentin Zutana Čaputová
       verurteilten die Tat. „Wenn ich sage, dass die Slowakei ein freies und
       demokratisches Land ist, meine ich das ernst. Es ist doch nicht möglich,
       dass jemand seines Lebensstils wegen um sein Leben fürchten muss“, sagte
       der Premier. „Wörter sind eine Waffe und wir Politiker sind verantwortlich
       für das, was wir sagen“, urteilte Čaputová.
       
       Dem Täter, einem 19-Jährigen namens Juraj, gelang es noch, nach der Tat zu.
       flüchten. „Keine Reue!“ twitterte er und postete noch ein letztes Selfie.
       Dann richtete er sich selbst.
       
       ## Sein Manifest bestand aus rechten Ideen und wirren Memes
       
       Seine Absichten hatte er schon länger auf sozialen Netzwerken kundgetan.
       Mitte August postete er ein Foto von sich vor der Bar Teplaren auf Twitter.
       Nicht nur von der LGBTIQ-Community war er besessen, sondern auch von einer
       angeblichen jüdischen [3][Weltverschwörung]. „Als ein stolzer LGBTIQ und
       Jude würde ich euch heute gerne treffen, bevor wir in die LGBTIQ-Bar auf
       einen Drink gehen“, schrieb er auf Englisch.
       
       Außer seinen Tweets veröffentlichte er ein 65-seitiges Manifest, ebenfalls
       auf Englisch, in dem er sich selbst beschreibt als „ziemlich
       durchschnittlich“ und Mobbingopfer mit psychischen Problemen,
       Donald-Trump-Fan, Islam-Hasser mit einer kurzlebigen Vorliebe für die
       [4][Kinderserie „Mein kleines Pony“]. Der größte Teil des Manifests soll
       angeblich aus wirren Memes bestehen, die noch ausgewertet werden müssen.
       Auf weiteren Seiten wiederholt er, dass die Juden an allem schuld seien.
       
       Die These vom rechtsextremen Hassverbrechen gewann indes noch weiter an
       Dynamik, als bekannt wurde, dass der Vater des Attentäters in der
       rechtspopulistischen Partei „Vlast“ (Heimat) aktiv ist und bei den Wahlen
       2020 sogar für den Nationalrat kandidiert hat.
       
       Bleibt die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können, wenn jemand
       Ankündigungen des jungen Mannes beachtet hätte, meinen Kommentatoren. So
       oder so: der Schock sitzt tief.
       
       13 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.instagram.com/teplaren/?hl=de
   DIR [2] /Ehe-fuer-alle-in-Slowenien/!5886559
   DIR [3] https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/504224/weltjudentum-juedische-weltverschwoerung/
   DIR [4] https://www.theatlantic.com/technology/archive/2020/06/my-little-pony-nazi-4chan-black-lives-matter/613348/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Mostyn
       
       ## TAGS
       
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