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       # taz.de -- Atomare Abschreckung der Nato: Operation „Steadfast Noon“
       
       > Europa rüstet sich in Anbetracht Russlands Drohungen: Die Nato probt den
       > Umgang mit Atomangriffen. Deutschland kündigt eine europäische
       > Luftverteidigung an.
       
   IMG Bild: Nato-General Jens Stoltenberg (r.) und U.S. Verteidigungsminister Lloyd J. Austin in Brüssel
       
       Brüssel taz | Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und massiver Drohungen
       aus Moskau bereitet sich die Nato auf eine großangelegte atomare Übung in
       Europa vor. Bei einem Treffen der nuklearen Planungsgruppe in Brüssel
       legten die 30 Verteidigungsminister des Bündnisses am Donnerstag letzte
       Hand an die Vorbereitung des Manövers „Steadfast Noon“.
       
       Die lange geheim gehaltene Übung soll in der kommenden Woche stattfinden
       und der atomaren Abschreckung dienen. Die 14 Teilnehmerländer, darunter
       Deutschland, proben den Abtransport von Wasserstoffbomben vom Typ B-61 aus
       Lagern, die Beladung von Kampfflugzeugen und den Abwurf über simulierten
       Zielen.
       
       Ein Großteil der Übung werde in Belgien und über der Nordsee stattfinden,
       teilte die belgische Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder mit. Die
       Bevölkerung müsse sich aber keine Sorgen machen, da keine scharfen Bomben
       eingesetzt würden. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wiegelte ab.
       Es handele sich um eine Routineübung ohne Bezug zum Krieg in der Ukraine.
       
       Dennoch ist der Einsatz diesmal besonders brisant. Schließlich hat
       Kremlchef Wladimir Putin mit dem Einsatz von (taktischen) Atomwaffen
       gedroht, wenn die vitalen Interessen Russlands bedroht würden. Zugleich hat
       er mit dem Finger auf den „kollektiven Westen“ und die Nato gezeigt – sie
       würden sich aktiv in den Krieg in der Ukraine einschalten und müssten mit
       Vergeltung rechnen.
       
       ## Düstere Warnungen
       
       In Brüssel geht man deshalb davon aus, dass Russland auf die Nato-Übung
       reagieren wird. „Russland wird ebenfalls seine jährliche Übung durchführen,
       ich denke, in der Woche nach oder kurz nach der jährlichen Übung“, sagte
       der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Davon dürfe sich die Nato
       jedoch nicht einschüchtern lassen. Vielmehr gehe es darum, Flagge zu
       zeigen.
       
       Das Treffen der nuklearen Planungsgruppe war von düsteren Warnungen
       begleitet. Sollte die Regierung in Moskau tatsächlich Atomwaffen einsetzen,
       würde dies wohl eine „physische Antwort“ der Verbündeten der Ukraine und
       möglicherweise auch der Nato selbst zur Folge haben, sagte ein Insider. Der
       Schritt würde „noch nie da gewesene Konsequenzen“ für Russland nach sich
       ziehen.
       
       Was damit gemeint ist, blieb offen – die nukleare Planungsgruppe tagt unter
       strikter Geheimhaltung. Sollten alle Bündnispartner zustimmen, könnte die
       Militärallianz versuchen, die russischen Invasionstruppen in der Ukraine
       militärisch auszuschalten, hieß es in Brüssel. Auch ein massiver
       Cyberangriff auf russische Infrastruktur wird nicht mehr ausgeschlossen.
       
       Dabei hatte Stoltenberg vor Beginn des zweitägigen Nato-Treffens noch
       erklärt, dass sich die Nato nicht in den Krieg ziehen lassen werde. Man
       werde die Alliierten bei Waffenlieferungen unterstützen, jedoch nicht
       selbst eingreifen. Nun ist nicht mehr klar, ob diese „rote Linie“, die auch
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) immer wieder betont, hält.
       
       Unterdessen kündigte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht
       (SPD) den Aufbau einer europäischen Luftverteidigung an. Das Ziel der
       deutschen Initiative für einen „European Sky Shield“ sei es, „Lücken zu
       schließen“, sagte Lambrecht. Die Nato begrüßte den Vorstoß. Laut einer in
       Brüssel verbreiteten Erklärung haben sich der Initiative bisher 14
       Bündnispartner und das Anwärterland Finnland angeschlossen.
       
       13 Oct 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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