# taz.de -- Gefakte Notrufe der „Letzten Generation“: Verhöhnung der Demokratie
> Dass die „Letzte Generation“ Autofahrer mit Straßenblockaden festhält,
> ist anmaßend. Die Feuerwehr ohne echten Notfall zu alarmieren, gefährdet
> Leben.
IMG Bild: „Letzte Generation“-Mitglieder bei der Blockade einer Autobahnzufahrt in Schöneberg
Sie wollen angeblich etwas für die Allgemeinheit tun. Sie wollen den
Planeten retten. Und weil sie offenbar meinen, dass alle außer ihnen das
mit dem Klimawandel noch nicht kapiert haben, wollen sie es ihnen vor Augen
führen. Die Rede ist von den Aktivisten der Gruppe, die sich „Letzte
Generation“ nennt.
Das Vor-Augen-Führen hat mit fortlaufenden Sitzblockaden an Autobahnen und
Straßenkreuzungen begonnen und erfährt nun eine Steigerung. Hatten sich
einige der Blockierer zunächst auf dem Asphalt festgeklebt, taten sie es
später auch in Museen an Bilderrahmen. Neueste Protestvariante:
[1][Feueralarm im Bundestag auslösen].
Es reicht. Schon die Idee, dass einige wenige Aktivisten – [2][nach eigenen
Angaben bundesweit gerade mal 250] – es für legitim halten, tausenden von
Autofahrern ihren Willen aufzuzwingen und sie teils stundenlang zu
blockieren, ist anmaßend. Der Zweck heiligt die Mittel? Glauben die
Blockierer wirklich, Privatmenschen, die noch freiwillig hinter dem
Steuerrad sitzen, würden (trotz guten Berliner Bus und Bahn-Angebots) auf
diese Weise offener für den Verzicht auf das Auto?
Allein der Staat ist durch mit Mehrheit beschlossene Gesetze legitimiert,
Autofahrern – wie allen anderen Bürgerinnen und Bürgern – Vorgaben zu
machen. Nicht aber eine einzelne Gruppe, und sei sie noch so engagiert.
Und die Aktionen in den Museen? Bisher waren es nur Bilderrahmen die
Schaden genommen haben, wobei auch diese zum Kunstwerk gehören. Ist
demnächst – vielleicht im Museum Barberini in Potsdam – ein weltberühmtes
Monet-Bild das Ziel?
Trauriger Höhepunkt und im höchstem Maße gefährlich ist es, Notrufe ohne
Notfall auszulösen. Seit Monaten klagen Feuerwehr und Rettungsdienste über
Überlastung, ständig wird der Alarmzustand ausgerufen, weil es kaum noch
freie Rettungswagen für den nächsten Notfall gibt. Bei dem ersten gefakten
Notruf am Montag sind laut Feuerwehr fünf Wagen zum Bundestag gefahren.
Möglicherweise wären sie an anderer Stelle dringend gebraucht worden.
Die Klimakrise zu einem [3][“unfassbaren Notfall“ zu deklarieren], bei dem
man öffentlich Alarm schlagen muss, erscheint in dieser Situation geradezu
abwegig. Und dass ausgerechnet der Bundestag für die Aktion ausgewählt
wurde, ist eine Verhöhnung der Herzkammer der Demokratie.
Es könne nicht angehen, dass „selbst ernannte Wächterräte“ in Berlin
bestimmen, wer wo parken darf, oder wer wo bauen darf, hat der frühere
Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann im Abgeordnetenhaus mal zum Thema
Selbstermächtigung gesagt. Das zu bestimmen sei Aufgabe gewählter und
legitimierter Gremien. Wer das infrage stelle, stelle das Parlament
infrage. Diesem Zitat von 2009 ist nichts hinzuzufügen.
15 Oct 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/letzte-generation-in-berlin-klimaschutz-aktivist-lost-erneut-feueralarm-in-bundestagsgebaude-aus-8741554.html
DIR [2] /Aktionen-der-Letzten-Generation/!5887390
DIR [3] /Aktivistin-ueber-Letzte-Generation/!5883955
## AUTOREN
DIR Stefan Alberti
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