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       # taz.de -- ARD-Krimi „Polizeiruf“ aus Magdeburg: Fragiles Provinz-Patriarchat
       
       > Ute Wieland erzählt einen Krimi über ein Dorf voller Frauen, die die
       > Faxen dicke haben. Von den immer gleichen Typen: halsstarrig, träge,
       > beharrend.
       
   IMG Bild: Stefanie (Gabriela Maria Schmeide) öffnet sich gegenüber Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen)
       
       Wann hat das eigentlich angefangen, diese Halloweeninisierung des deutschen
       Fernsehprogramms? Auf die Schnelle lässt sich rausfinden: 2017 lief zum
       Anlass der Tatort „Fürchte Dich“ vom HR, 2018 „Blut“ aus Bremen, 2020 die
       Kieler Folge „Borowski und das Haus der Geister“ – und dieses Jahr gab es
       bei der Sonntagabendkrimi-Redaktion offenbar Abstimmungsprobleme und sie
       haben gleich mehrere von dieser Sorte bestellt.
       
       Am 2. 10. lief der Wiener Exorzismus-Tatort „Das Tor zur Hölle“, vor zwei
       Wochen die HR-Folge „Leben, Tod, Ekstase“ über halluzinogenen Horror und
       jetzt eben, zum nordamerikanischen Event „Halloween“ selbst: „Hexen
       brennen“ aus der MDR-Filiale von Polizeiruf 110 mit Kommissarin Doreen
       Brasch.
       
       Aber nun ja, wollen wir mal so tun, als sei das nur ein
       Sonntagabend-TV-Krimi, anlasslos über ein Dorf im apokalyptisch
       abgefressenen Harz, in dem die einen vermeintliche Hexenzeichen auf
       Fachwerkhäuser pinseln, andere mit Bannzeichen darunter antworten, in dem
       erst tote Hunde vor Häusern liegen und kurz darauf Frauen tot auf schwarz
       dampfenden Aschehaufen, erst gefoltert, dann verbrannt. Alles getaucht in
       einen permanenten Nebelschleier oder gleich ins tiefdunkle Dunkel, heiseres
       Geflüster durch die Gassen spukend.
       
       Die Gründe fürs Trotzdem-Gut-Finden liegen auf der Hand: [1][Claudia
       Michelsen] als Hauptkommissarin Brasch, sowieso, wie jedes Mal. Außerdem
       die verlässlich umwerfende Gabriela Maria Schmeide als
       Mehrfach-Dorfhotel-Besitzerin Edler und trauernde Mutter – ihre Tochter lag
       auf einem Scheiterhaufen am Waldrand am Brocken.
       
       ## Mordmotive gibt's so viele wie Frauen im Dorf
       
       Regisseurin Ute Wieland zieht die Story von Wolfgang Stauch rund um die
       Frauen im Ort auf, die alle die Faxen dicke haben: ein Film über die
       Fragilität des Patriarchats in der Provinz.
       
       Denn drumherum und mittendrin die immer gleichen Typen: halsstarrig, träge,
       beharrend auf Die-Frau-gehört-ins-Haus, mal auf der Jagd, mal mit
       Baumzweigen durchs Kaff ziehend, der Hexen wegen, und sonst am Stammtisch
       in der Kneipe, die zum Edler-Haus gehört. Der Arzt, der Edler-Sohn, der
       Hexenladenbesitzer. Mordmotive gibt’s so viele wie Frauen im Dorf.
       
       Die nächste Recherche wäre dann wohl: zählen, wie oft in TV-Krimis die
       Horror-Formulierung [2][„starke Frau“] auftaucht. In dieser Folge ist das
       schon gruselig genug. Aber okay, selbst das klingt aus Michelsens Mund nur
       halb grauenhaft.
       
       30 Oct 2022
       
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       ## AUTOREN
       
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