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       # taz.de -- Rot-Grün in Niedersachsen: Mit Karacho in die Koalition
       
       > In Niedersachsen hat sich Rot-Grün auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.
       > Die Grünen bekommen zwei gewichtige Ministerien.
       
   IMG Bild: SPD-Ministerpräsident Stephan Weil und Julia Willie Hamburg (Grüne) haben sich rasch geeinigt
       
       Hannover taz | Es ging dann doch viel schneller als gedacht. Eigentlich war
       die Präsentation des Koalitionsvertrages in Hannover für Donnerstag
       angekündigt, nun fand sie schon Dienstag statt. Überhaupt wurden [1][SPD
       und Grüne in Niedersachse]n nicht müde, [2][ihre großen Gemeinsamkeiten]
       und ihren unbedingten Willen zur raschen Einigung zu preisen.
       
       In den Grundzügen ist man sich ja auch einig: Beide Parteien setzen auf
       einen starken Staat, der in dieser Krise Härten abfedern und
       Zukunftsinvestitionen lenken soll – und sei es, indem man die
       Schuldenbremse mit Sonderfonds und Landesgesellschaften umdribbelt.
       
       Spannend – und ein Novum in Niedersachsen – ist, dass es künftig ein Grüner
       sein soll, der die Landesfinanzen trotz allem im Griff behalten muss.
       Gerald Heere soll Finanzminister werden. Der sammelte als Büroleiter des
       Bremer Finanzsenators schon Erfahrungen auf diesem Feld. Er weiß auch, dass
       das Ressort heikel ist – eine machtvolle Schlüsselposition, auf der man
       sich vor allem unbeliebt macht.
       
       ## Wandel zum „Energieland Nummer eins“
       
       Eine ähnliche Rolle wird die Grüne Spitzenkandidatin und künftige
       [3][Vize-Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg] ausfüllen müssen. Sie
       soll das Kultusministerium von der SPD erben: Ebenfalls ein wichtiges
       Ressort, in dem noch nie jemand einen Blumentopf gewonnen hat. Dafür hat es
       das Potenzial, politische Karrieren zu beenden, wie beispielsweise Sylvia
       Löhrmann (Grüne) in NRW schmerzhaft erfahren musste. Immerhin hat Rot-Grün
       schon ein wichtiges Bonbon für die Lehrerschaft angekündigt: Das
       A13-Einstiegsgehalt für alle Schulformen soll kommen.
       
       Hamburg war allerdings auch für das Wirtschaftsministerium im Gespräch,
       doch das wollten die Sozialdemokraten dann lieber nicht aus der Hand geben.
       Die Transformation der niedersächsischen Wirtschaft und der Wandel zum
       „Energieland Nummer eins“ (O-Ton Stephan Weil) gehört zu den Herzensthemen
       des niedersächsischen Ministerpräsidenten.
       
       Es ist außerdem das Wunschressort von Weils Allzweckwaffe Olaf Lies (SPD),
       der schon im ersten Kabinett Weil Wirtschaftsminister war und in der
       zweiten Amtszeit Weils eher widerwillig auf den Posten des Umweltministers
       wechseln musste, um in der jetzt abgelösten rot-schwarzen Koalition der CDU
       entgegenzukommen.
       
       Der neue, alte Wirtschaftsminister Olaf Lies wird außerdem das
       Schlüsselthema Bauen aus dem Umweltministerium mitnehmen. Rot-Grün hat sich
       darauf geeinigt, mit einer Landeswohnungsbaugesellschaft neue Impulse im
       sozialen Wohnungsbau zu setzen.
       
       ## SPD setzt auf bewährte Kräfte
       
       Lies wird dann künftig auch für das Thema Verkehr zuständig sein. Das ist
       eines der Themen, bei denen die traute rot-grüne Einigkeit dann doch
       schnell aufgebraucht ist, vor allem beim Thema Autobahnausbau. Aber da
       zeigt man bequemerweise erst einmal auf die Ampel im Bund. Niedersachsen
       setzt ebenfalls auf das 49-Euro-Ticket und will ein 29-Euro-Ticket für
       Schüler und Azubis.
       
       Bei den Grünen blieben hingegen das Umweltressort, besetzt mit
       Co-Spitzenkandidat Christian Meyer, und das Agrarressort, besetzt mit
       Miriam Staudte. Im Umweltministerium ist immerhin auch das Schlüsselthema
       Energie beheimatet – und damit die Zuständigkeit für den raschen Ausbau der
       Erneuerbaren, der für die Grünen ein zentrales Anliegen ist.
       
       Ein Umbau des Agrarlandes Niedersachsen hin zu mehr Ökolandbau, mehr Tier-
       und Klimaschutz gehört ebenfalls zu den grünen Lieblingsthemen. Die
       Gelegenheit scheint günstig, weil es die scheidende Agrarministerin Barbara
       Otte-Kinast (CDU) immerhin geschafft hat, bisher völlig verfeindete
       Fraktionen aus den Bauern- und Umweltverbänden an einen Tisch zu bringen.
       Außerdem ist der ökonomische Druck vor allem für die tierhaltenden Betriebe
       so hoch, dass sie für Umbauprämien empfänglich sind.
       
       Bei den Großressorts Soziales und Innenpolitik setzt die SPD auf bewährte
       Kräfte – [4][Daniela Behrens] und Boris Pistorius sollen im Amt bleiben.
       Justiz, Wissenschaft und das Ressort Regionales und Europa werden mit den
       vergleichsweise jungen Newcomern Kathrin Wahlmann, Falko Mohrs und Wiebke
       Osigus besetzt. Am Wochenende sollen außerordentliche Landesparteitage von
       SPD und Grünem das Vertragswerk abnicken. Kommenden Dienstag könnte Stephan
       Weil dann bei der konstituierenden Sitzung des Landtages zum dritten Mal
       zum Ministerpräsidenten gewählt werden.
       
       1 Nov 2022
       
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