# taz.de -- Diskurs über Geflüchtete: Stimmung kippt nicht, man kippt sie
> In der Migrationsdebatte tauchten wieder rechte Narrative auf. Erneut ist
> von „Wellen“ die Rede, von „Flut“ – als hätten wir aus 2015 nichts
> gelernt.
IMG Bild: Brandspuren an der Fassade einer geplanten Asylunterkunft in Bautzen im Oktober
Seit Beginn des erweiterten russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im
Februar suchen immer mehr Ukrainer*innen Schutz in Deutschland. [1][Die
Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft] war von Beginn an enorm, die
Überforderung von Behörden und Bevölkerung blieb weitestgehend aus.
Trotzdem hört man seitdem vielerorts die Mahnung, die Stimmung im Land
drohe zu kippen. In den vergangenen Tagen, also kurz vor der
Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwochnachmittag, wo es auch um die
Unterbringung von Geflüchteten geht, erreichte diese Schwarzmalerei einen
neuen Höhepunkt.
In zahlreichen Beiträgen in Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen mahnen
Lokalpolitikerinnen, Landräte und Oberbürgermeister*innen, dass jetzt
wirklich etwas passieren müsse, sonst mache die Gesellschaft das nicht mehr
mit. Man müsse die Sorgen der Bürger*innen ernst nehmen. [2][Schließlich
dürfe sich 2015 nicht wiederholen]. Und auf einmal befinden wir uns wieder
mitten in einer Debatte über Migration, in der rechte Narrative verbreitet
werden, von denen wir geglaubt hatten, sie längst überwunden zu haben.
Plötzlich ist wieder von „Flüchtlingswellen“ die Rede, von einer „Flut“ und
einem „wachsenden Flüchtlingsstrom“, der auf uns zukomme. Es werden also
Sprachbilder genutzt, die Migrationsbewegungen als eine Gefahr darstellen,
die über uns hereinbricht und gegen die wir ankämpfen müssen. Dabei geht es
hier um Menschenleben, nicht um lebensbedrohliche Naturkatastrophen. All
das haben wir schon vor Jahren diskutiert.
## Mit Angstmacherei ist nicht geholfen
Klar ist, dass die Kommunen aktuell vor einer Herausforderung stehen und
die zugesagte finanzielle Unterstützung durch den Bund dringend benötigen.
Denn die Verantwortung und Finanzierung darf nicht auf den Schultern
einzelner Kommunen und ehrenamtlicher Helfer*innen liegen. Aber mit
Angstmacherei ist den Kommunen nicht geholfen – im Gegenteil.
Katastrophenmetaphern sorgen erst dafür, dass eine gesellschaftliche
Stimmung kippt. Die längst existierenden Hakenkreuz-Graffiti [3][und
brennenden Flüchtlingsunterkünfte] müssen wir als Gesellschaft natürlich
ernst nehmen. Jedoch nicht als besorgte Bürger, sondern als Bedrohung für
unsere Gesellschaft. Sonst droht sich wirklich der hässliche Teil von 2015
zu wiederholen.
2 Nov 2022
## LINKS
DIR [1] /Unterbringung-von-Gefluechteten-in-Berlin/!5887611
DIR [2] /Migration-in-die-EU/!5667340
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## AUTOREN
DIR Carolina Schwarz
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