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       # taz.de -- Nach Hirntod von Radfahrerin: Klimaproteste sollen weitergehen
       
       > Trotz des Hirntods einer Radfahrerin will die „Letzte Generation“
       > weitermachen. Die Rettung soll sich durch Blockade der Aktivisten
       > verzögert haben.
       
   IMG Bild: Das Fahrrad der für hirntod erklärten 44-Jährigen in der Bundesallee
       
       Berlin taz | Drei Tage nachdem eine Radfahrerin auf der Bundesallee in
       Berlin-Wilmersdorf [1][von einem Betonmischer überrollt] und
       lebensgefährlich verletzt wurde, ist die 44-Jährige für hirntot erklärt
       worden. Das teilte die Polizei am Donnerstag mit. Von einem Hirntod erholen
       sich nach bisherigen Erkenntnissen Betroffene nicht – unabhängig davon,
       welche Maßnahmen Mediziner*innen ergreifen.
       
       Laut Angaben der Feuerwehr hatten sich die Rettungsarbeiten am Montagmorgen
       um mehrere Minuten verzögert, weil ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte,
       die Verletzte unter dem Lkw zu befreien, in einem Stau auf der
       Stadtautobahn stand. Dieser soll durch eine Blockade der
       Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“ ausgelöst worden sein.
       
       Eine Sprecherin der Gruppe [2][zeigte sich am Donnerstagnachmittag
       gegenüber der taz bestürzt über den Tod der Frau] und wünschte den
       Angehörigen viel Kraft. „Es ist schlimm, wenn Menschen im Straßenverkehr zu
       Schaden kommen“, sagte Lina Johnsen. Trotzdem wollen die
       Umweltaktivist*innen mit ihren Straßenblockaden weitermachen. „Wir
       machen das nicht leichtfertig und werden weiterhin friedlichen zivilen
       Widerstand leisten.“
       
       Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und der Untätigkeit der Politik
       habe man keine andere Wahl. „Wir haben es mit anderen Protestformen
       versucht, aber keine andere erregt so viel Aufmerksamkeit wie
       Straßenblockaden“, so Johnsen. „Der zivile Widerstand auf der Straße
       wirkt.“ Dafür nehme man auch in Kauf, dass viele die Aktionen nicht
       gutheißen. Sobald die Bundesregierung die erforderlichen Maßnahmen
       ergreife, um die Lebensgrundlage der Menschen zu sichern, werde die Gruppe
       „sofort aufhören“.
       
       ## Mitschuld der Aktivist*innen soll geklärt werden
       
       Ob die Umweltaktivist*innen eine Mitschuld an dem tragischen Tod der
       Radfahrerin tragen, ist noch nicht geklärt. Die Polizei ermittelt gegen
       zwei 63 und 59 Jahre alte Männer, die sich auf der A100 an einer
       Schilderbrücke festgeklebt hatten, wegen unterlassener Hilfeleistung
       beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen. Mit
       Sachverständigen soll nun der kausale Zusammenhang zu den Blockaden geprüft
       werden, heißt es von der Polizei.
       
       Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro, schrieb
       am Donnerstag auf Twitter: „Klima-Klebende tragen keine Schuld am Unfall.
       Ob schnellere Maßnahmen den Tod verhindert hätten, ist rein spekulativ.“
       
       „Wir tun bei unseren Aktionen alles Mögliche, um die Sicherheit aller zu
       gewährleisten“, so Johnsen. So achte man bei [3][Blockaden sorgfältig auf
       das Einhalten von Rettungsgassen]. Ein Feuerwehrsprecher räumte ein, dass
       die Bildung einer Rettungsgasse angesichts der Größe des Fahrzeugs
       problematisch gewesen sei.
       
       ## Rufe nach härterem Vorgehen gegen „Letzte Generation“
       
       Trotz der laufenden Ermittlungen werden die Rufe nach einem härteren
       Vorgehen gegen die Umweltaktivist*innen immer lauter. „Wenn
       Straftaten begangen werden und andere Menschen gefährdet werden, ist jede
       Grenze legitimen Protests überschritten“, sagte Bundesinnenministerin Nancy
       Faeser (SPD) am Donnerstag. „Die Straftäter müssen schnell und konsequent
       verfolgt werden.“ Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) hatte sich zuvor
       wiederholt gegen eine Einmischung in die Ermittlungen ausgesprochen. Die
       GdP forderte, juristisch ein Verbot der Gruppe „Letzte Generation“ zu
       prüfen.
       
       Währenddessen hat die Polizei ihre Ermittlungen zu dem Unfall fortgeführt
       und einen Mann festgenommen, der am Unfallort auf den Lkw-Fahrer mit einem
       Messer eingestochen haben soll. Der 48-Jährige wurde am Mittwochabend in
       der Nähe des Tatorts gefasst. Laut Polizei soll es sich um einen
       Obdachlosen handeln, auch gebe es Hinweise auf eine psychische Erkrankung.
       Der 64-Jährige Lkw-Fahrer konnte das Krankenhaus am Donnerstag verlassen.
       (mit dpa)
       
       3 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Blockaden-der-Letzten-Generation/!5888674
   DIR [2] https://twitter.com/AufstandLastGen/status/1588160976238817281
   DIR [3] https://letztegeneration.de/blog/2022/10/stellungnahme-ruestwagen-der-feuerwehr-verspaetet-wegen-stau-auf-a100/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Frank
       
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