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       # taz.de -- Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover: Strompreisbremse ab 1. Januar
       
       > Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder fordern von der
       > Bundesregierung mehr Entlastungstempo. Kritik üben sie am Zeitplan der
       > Gaspreisbremse.
       
   IMG Bild: Mahnen die Bundesregierung zu mehr Tempo: die Ministerpräsidenten Hendrik Wüst und Stephan Weil
       
       Berlin taz | Mit einem Appell an die Ampelkoalition, schnell für
       Entlastungen der Bürger:innen zu sorgen, endete am Freitag die
       Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder in Hannover.
       „Wir brauchen zügige Entscheidungen“, sagte Niedersachsens
       Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Anschluss an die zweitägigen
       Beratungen.
       
       „In allen sechszehn Ländern haben wir erhebliche Sorgen“, sagte Weil, der
       in diesem Monat turnusgemäß den Vorsitz der
       Ministerpräsident:innenkonferenz (MPK) übernommen hat. Das
       beträfe die sozialen Auswirkungen und die wirtschaftlichen Konsequenzen der
       Energiepreiskreise, aber auch das gesellschaftliche Klima. „Es braucht
       Tempo, es braucht Klarheit, wie es weitergeht“, forderte sein
       nordrhein-westfälischer Amtskollege Hendrik Wüst (CDU).
       
       Auf ihrer gemeinsamen Abschlusspressekonferenz plädierten die beiden
       insbesondere für ein Vorziehen der Gaspreisbremse. Die Länderchef:innen
       würden unisono der Bundesregierung „dringend abraten“, an dem [1][von der
       Gaspreiskommission vorgeschlagenen Zeitplan] festzuhalten, sagte Weil.
       
       Nach den Kommissionsvorschlag soll der Staat im Dezember eine
       Abschlagszahlung der Gasrechnung übernehmen, ab März soll es dann eine
       Deckelung des Gaspreises für ein Grundkontingent von 80 Prozent des
       Verbrauchs geben. Angesichts der Belastungen für die Bürger:innen dürfte
       ein solches Vorgehen „außerordentlich schwer zu kommunizieren“ sein, mahnte
       Weil. [2][Ein Hin- und Her aus Be- und Entlastungen] sei nicht vertretbar
       und [3][den Menschen auch nicht zu vermitteln].
       
       Auch MPK-Vizechef Wüst sprach sich entschieden dafür aus, die
       Gaspreisbremse fürher in Kraft treten zu lassen. „Sie muss früher kommen“,
       sagte er. „Eine Wirksamkeit ab 1. Januar wäre deutlich besser als eine
       Wirksamkeit ab März.“ Wenn ein Inkrafttreten der Gaspreisbremse vor Anfang
       März nicht möglich sei, sollte diese zumindest rückwirkend ab Jahresanfang
       2023 greifen.
       
       ## Strompreisbremse zum Jahreswechsel
       
       In einem Beschluss forderten die Ministerpräsident:innen darüber
       hinaus, dass es auch für diejenigen, die mit Öl oder Holzpellets heizten,
       eine gleichwertige und pauschalierte finanzielle Unterstützung geben müsse.
       Auch müsse der vorgeschlagene „Hilfsfonds für soziale Dienstleister“ –
       insbesondere für Krankenhäuser – schnellstmöglich umgesetzt werden. Zudem
       müsse bei der gesetzgeberischen Umsetzung insbesondere die Regeln für
       Mieter:innen sowie private Vermieter:innnen praktikabler
       ausgestaltet werden.
       
       In einer Protokollerklärung forderte das rot-rot-grün regierte Thüringen,
       dass eine absolute Obergrenze und ein haushaltsbezogenes Mindestkontingent
       festgelegt werden sollten, bis zu denen die Rabatte auf die
       Abschlagszahlung höchstens wirken. Dabei sei zu gewährleisten, dass bei
       großen Wohnkomplexen mit zahlreichen Wohnungen die Obergrenze eine
       ausreichende günstige Energieversorgung sicherstellt.
       
       Zufrieden zeigten sich die Ministerpräsident:innen über eine
       Neuigkeit, die ihnen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und
       Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mitgebracht hatten, die am
       Freitagvormittag an der Konferenz teilnahmen: Laut Weil soll am 1. Januar
       die angekündigte Strompreisbremse in Kraft treten. Die Entlastung für die
       privaten Haushalte und die Unternehmen solle etwa in dem Umfang ausfallen,
       wie dies beim Gas vorgesehen ist. „Das begrüßen wir sehr“, sagte Weil.
       
       Laut einem Konzeptpapier der Bundesregierung soll die Strompreisbremse
       ähnlich wie beim Gas umgesetzt werden. Zur Gegenfinanzierung der
       Strompreisbremse sollen dabei Zufallsgewinne der Stromversorger abgeschöpft
       werden. Auch hier gab es noch ein interessantes neues Detail: Da das ein
       nicht so schnell begehbarer Weg wäre, die Bürger:innen aber nicht so
       lange warten könnten, sei „eine Zwischenfinanzierung durch den
       Bundesfinanzminister in Aussicht gestellt worden“, führte Weil weiter aus.
       
       Die Ministerpräsident:innen tauschten sich zudem zu einer Reihe noch
       weiterer offener Fragen mit dem Bund aus, etwa zur Finanzierung der
       Unterbringung von Geflüchteten oder des öffentlichen Nahverkehrs und der
       Nachfolge für das 9-Euro-Ticket. Konkrete Vereinbarungen gab es jedoch
       keine. Die soll es aber nach dem Willen der Länder bei den nächsten
       Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 2. November geben. „Wir
       haben einen Entscheidungsstau derzeit, diesen Stau wollen wir auflösen“, so
       Weil.
       
       21 Oct 2022
       
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