# taz.de -- Propaganda in Russland: Mordfantasien im Staatsfernsehen
> Der Chef des Kremlsenders RT hat das „Ertränken ukrainischer Kinder“
> gefordert – und muss gehen. Das zeigt, wie russische Propaganda
> funktioniert.
IMG Bild: Fantasiert von menschenverachtenden Kindstötungen: RT-Sendedirektor Anton Krassowski
Moskau taz | „Solche Kinder muss man ertränken. Einfach ertränken.
Ertränken! Sofort in den Fluss mit heftiger, reißender Strömung werfen.“
Anton Krassowski redet sich in Rage und merkt offensichtlich nicht, welche
menschenverachtenden Kindstötungsfantasien er da im russischen
Staatsfernsehen von sich gibt.
Wie fanatisch fordert der Sendedirektor des staatlichen [1][Fernsehsenders
RT] den Tod ukrainischer Kinder in seiner Sendung „Antonyme“ am 20.
Oktober. Kurz davor hatte er sich bereits über Vergewaltigungen
ukrainischer Frauen durch russische Soldaten lustig gemacht und den Tod
aller Ukrainer, die sich Russland widersetzten, für richtig befunden.
Der Auftritt, der auch international für Entsetzen sorgte, war selbst der
RT-Chefin [2][Margarita Simonjan], zu viel. Sie suspendierte Krassowski für
seine „barbarischen und widerlichen Aussagen“, attestierte dem 47-Jährigen
einen „zeitweiligen Wahnsinn“. Krassowski bat Simonjan und alle, die
„ausgeflippt“ seien, um Entschuldigung. Der Auftritt sei ihm „peinlich“.
Russlands Ermittlungskomitee fordert einen Bericht zu den „scharfen
Äußerungen“ des Propagandisten.
Es ist eine Geschichte über Heuchelei. Darüber, wie viel Konformismus
dazugehört, im russischen Staatsfernsehen Karriere zu machen, und wie
Russlands Propaganda funktioniert. Krassowski, den viele Medienschaffende
im Land – staatstreue wie auch staatskritische – als talentiert bezeichnen,
war ein Wendehals, der schnell lernte. Auch bei seiner Chefin Simonjan. Es
dauerte nicht lange, bis er sie mit seinen verächtlichen Aussagen übertraf.
Wie sie und andere russische Propagandist*innen spricht er der
Ukraine, wo er teils seine Kindheit verbrachte, das Existenzrecht ab und
fordert die Kapitulation Kiews. Von Simonjan habe Krassowski, so erzählen
seine Weggefährten dem russischen Exilmedium Meduza, eine Art Carte blanche
bekommen. Sie war es, die ihm 2020 eine Chance gab, als er, weil
aufbrausend und kaum kontrollierbar, wieder einmal seine Stelle verloren
hatte und mehrere Monate ohne Arbeit war. Er gilt als Dramaqueen, als
einer, der sich schnell mit allen zerstreitet, wird zuweilen als
selbstzerstörerisch beschrieben.
Vom freien Mitarbeiter des Senders steigt er schnell zum Sendedirektor von
RT Russland auf. Er habe seine Seele an den Teufel verkauft, sagen seine
einstigen Kolleg*innen. [3][Xenia Sobtschak], für die er arbeitete, als sie
gegen Putin als Präsidentschaftskandidatin antrat, meint, Krassowski habe
weder Prinzipien noch eine Ideologie. Heute könne er der Liberale sein,
morgen schon der härteste Propagandist.
## Krassowski geht in Hasstiraden auf
Krassowski wollte stets auffallen. Wahrheit, hatte er einmal gesagt,
interessiere niemanden im Fernsehen. Man müsse zum „bösartigen Arschloch“
werden, wenn man nicht gleich weg vom Fenster sein wolle. Der Auftritt bei
„Antonyme“ war nicht seine erste Entgleisung. Seit Beginn von Russlands
„Spezialoperation“ in der Ukraine gehört er zu den Hardlinern. Er posiert
in Z-Shirts, tanzt nach dem russischen Beschuss von Kiew freudig vor der
Kamera und fordert, weggegangene „Moskauer Intellektuelle“ wie „Bastarde
und Verräter zu behandeln“. Er geht in seinen Hasstiraden auf, lässt sich
„mitreißen“, wie er sagt. Auch in seinen Äußerungen über ukrainische Kinder
habe er die „Grenze“ nicht gesehen.
Grenzüberschreitung ist allerdings das Hauptmittel des russischen
Staatsfernsehens. Krassowski muss gehen, andere raunen weiterhin vom Tod
aller Ukrainer*innen, die sich Russland nicht unterwerfen wollen.
Unbestraft.
24 Oct 2022
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## AUTOREN
DIR Inna Hartwich
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